Wie Low-Code und KI die Modernisierung von IT-Systemen neu definieren // Young Asian business woman talking on mobile phone in big modern office

Die Modernisierung von IT-Anwendungen ist für Unternehmen längst keine freiwillige Investition mehr. Vielmehr ist sie eine zwingende Voraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Veraltete Systeme erzeugen hohe Wartungskosten, lassen sich nur schwer erweitern und stehen einer agilen Weiterentwicklung oft im Weg. Gleichzeitig wächst der Druck auf IT-Abteilungen, benötigte digitale Services schneller bereitzustellen und trotz Fachkräftemangel eine stabile Systemlandschaft zu sichern. In diesem Spannungsfeld gewinnen Low-Code-Plattformen zunehmend an Bedeutung – und sie verändern die Art und Weise, wie Anwendungen entwickelt und modernisiert werden.

Mit der Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) erreicht Low-Code nun eine neue Stufe. KI ist in einer Zeit, in der datengetriebene Entscheidungen und flexible Geschäftsmodelle unerlässlich sind, kein Zusatzfeature mehr, sondern ein zentraler Bestandteil moderner Plattformstrategien. Sie beeinflusst nicht nur die Entwicklung von Anwendungen, sondern auch deren Ausführung, Optimierung und langfristigen Betrieb.

Die Herausforderungen veralteter IT-Landschaften

Viele Unternehmen arbeiten weiterhin mit monolithischen Anwendungen, die vor Jahren oder Jahrzehnten entstanden sind. Diese Systeme sind technologisch überholt, lassen sich nur mit großem Aufwand warten und erfordern spezialisiertes Wissen, das vielfach kaum noch verfügbar ist. Ihre fehlende Cloud-Fähigkeit erschwert die Integration neuer Services, während gleichzeitig hohe Betriebs- und Sicherheitskosten entstehen.

Eine vollständige Neuentwicklung solcher Systeme ist häufig zu teuer, zu riskant und zu langwierig. Genau hier setzt Low-Code an: Es ermöglicht, gewachsene Strukturen gezielt zu modernisieren, ohne jede Anwendung von Grund auf neu zu erstellen.

Was ist Low-Code und warum ist es relevant?

Low-Code-Plattformen ermöglichen die Entwicklung von Anwendungen mit deutlich weniger manuellem Programmieraufwand. Anstatt komplexen Code zu schreiben, nutzen Entwickler*innen visuelle Modelle, Drag-and-Drop-Bausteine und vorkonfigurierte Integrationen. Dadurch entsteht eine Entwicklungsumgebung, die sowohl schneller als auch flexibler und wirtschaftlicher ist. Zu den wichtigsten Vorteilen von Low-Code gehören:

  • Schnelligkeit: Anwendungen können in Wochen statt Monaten entstehen.
  • Kosteneffizienz: Weniger Programmieraufwand reduziert Entwicklungs- und Wartungskosten.
  • Flexibilität: Anpassungen lassen sich unkompliziert und ohne lange Release-Zyklen umsetzen.
  • Integrationsfähigkeit: Moderne Plattformen bieten APIs und Konnektoren für bestehende Systeme und erleichtern so die Einbindung in gewachsene IT-Landschaften.

Wie KI Low-Code grundlegend erweitert // Senior White man and young Asian woman looking at a digital tablet at the office

Wie KI Low-Code grundlegend erweitert

Low-Code-Plattformen nutzen KI zunehmend dazu, die Entwicklung von Anwendungen deutlich zu vereinfachen. Dabei übernimmt die Technologie Aufgaben, die bisher viel Zeit und tiefes technisches Wissen erforderten. Zu den zentralen Funktionen gehören die automatisierte Code-Generierung, intelligente Vorschläge und die Möglichkeit, Anwendungen direkt aus natürlichsprachlichen Anforderungen zu erstellen.

Automatisierte Code-Generierung

KI kann aus einer einfachen Beschreibung oder aus einem Prozessmodell automatisch Komponenten oder sogar komplette Workflows ableiten. Wenn ein Business-Analyst etwa formuliert: „Ich brauche eine Anwendung, die Kundenbestellungen erfasst, den Lagerbestand prüft und automatisch eine Versandbenachrichtigung auslöst“, erzeugt die Plattform auf dieser Basis die benötigten Formulare, Datenbankstrukturen und Logiken.

Intelligente Vorschläge

Darüber hinaus unterstützt KI die Entwickler*innen mit Empfehlungen für Datenmodelle, UI-Designmuster oder Integrationsoptionen. Diese Vorschläge basieren auf Best Practices sowie bereits vorhandenen Unternehmensdaten. So kann die Plattform beispielsweise ein bestimmtes UI-Pattern für ein Eingabeformular empfehlen, das sich in ähnlichen internen Anwendungen bewährt hat, oder eine geeignete Integrationsmethode für ein ERP-System vorschlagen.

Natural-Language-to-App

Einige Plattformen gehen noch einen Schritt weiter und ermöglichen es, Anwendungen durch einfache Spracheingaben zu entwerfen. Die KI übersetzt diese Anforderungen direkt in funktionale Komponenten und beschleunigt damit die Entwicklung erheblich.

KI in High-Code- vs. Low-Code-Szenarien

Diese Entwicklungen betreffen nicht nur Low-Code-Umgebungen. Auch in klassischen High-Code-Szenarien wird KI zunehmend genutzt, um die Code-Erstellung zu unterstützen. Dort liegt der Schwerpunkt jedoch stärker auf der Generierung einzelner Code-Snippets oder auf Boilerplate-Code. Komplexe Aufgaben wie Deployment Pipelines, Governance-Strukturen oder der laufende Betrieb bleiben weiterhin anspruchsvoll und setzen spezielles Fachwissen voraus.

Damit zeigt sich ein wesentlicher Unterschied: Während KI in High-Code-Umgebungen vor allem die Produktivität im Coding steigert, bieten Low-Code-Plattformen ein End-to-End-Erlebnis, das von der Entwicklung über das Deployment bis hin zu Governance und Betrieb reicht.

KI für die Ausführung und Optimierung von Geschäftsprozessen

Moderne Low-Code-Plattformen gehen heute weit über die reine Anwendungsentwicklung hinaus und binden KI direkt in die Ausführung und Steuerung von Geschäftsprozessen ein. Damit können Unternehmen nicht nur digitale Workflows abbilden, sondern diese auch intelligent steuern und laufend verbessern.

KI analysiert dabei für die dynamische Entscheidungsfindung Echtzeitdaten aus verschiedenen Quellen, trifft auf der Basis von Mustererkennung automatisierte Entscheidungen innerhalb eines Prozesses und erkennt im Predictive Process Management Engpässe und schlägt Optimierungen vor. In komplexeren Fällen prognostiziert sie zukünftige Prozesslasten, mögliche Risiken oder Compliance-Verstöße und ermöglicht so ein frühzeitiges Eingreifen.

Gleichzeitig erleichtert KI die intelligente Datenintegration von einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen. Informationen aus Legacy-Systemen, CRM-, ERP- oder externen Plattformen können ohne aufwändige Schnittstellenprogrammierung in den jeweiligen Prozesskontext eingebettet werden. Auch die Auswertung verändert sich: Statt statischer Reports entstehen automatisiert dynamische Insights, die zeigen, wie Prozesse tatsächlich laufen, wo Kosten entstehen und welche Entscheidungen den größten Einfluss haben.

Ein anschauliches Beispiel ist ein Kreditgenehmigungsprozess in einer Bank. Hier kann eine Low-Code-Plattform Bonitätsdaten analysieren, Betrugsmuster erkennen und Empfehlungen für die Genehmigung in Echtzeit bereitstellen. Dadurch wird der Prozess nicht nur digitalisiert, sondern intelligent gesteuert und kontinuierlich optimiert.

Der Blick in die Zukunft // A man and woman walking and discussing a project in an office building

Der Blick in die Zukunft: KI-gestützte Analyse von Legacy Code

Besonders vielversprechend ist der Einsatz von KI zur Analyse historisch gewachsener Codestrukturen. Unternehmen verfügen häufig über Millionen Zeilen Code in Sprachen wie COBOL, ABAP oder PL/SQL, die nur schwer zu warten oder zu migrieren sind.

KI kann diese Bestände automatisiert dokumentieren, geschäftsrelevante Logiken identifizieren und Optimierungsempfehlungen geben. Darüber hinaus ist sie in der Lage, Kernfunktionen auf moderne Komponenten abzubilden oder sie sogar direkt in Low-Code-Bausteine zu übersetzen. Damit entsteht ein Ansatz, der keine radikale Ablösung verlangt, sondern eine schrittweise Migration ermöglicht, bei der wertvolle Logiken erhalten bleibt.

Geschäftliche Auswirkungen und Vorteile

Unternehmen profitieren gleich mehrfach von Low-Code in Kombination mit KI. Neue Anwendungen oder Funktionen lassen sich erheblich schneller bereitstellen, was die Time-to-Market reduziert. Effizienzgewinne senken Entwicklungs- und Wartungskosten, während eine erhöhte Agilität hilft, schneller auf veränderte Marktanforderungen zu reagieren. Cloudfähige Architekturen sorgen für Zukunftssicherheit, und KI-gestützte Entscheidungen oder Analysen erhöhen den geschäftlichen Mehrwert der Anwendungen deutlich. Gleichzeitig reduziert die automatisierte Analyse von Legacy Code die Risiken bei Modernisierungsprojekten, weil sie Transparenz schafft, Abhängigkeiten sichtbar macht und den Übergang auf neue Plattformen erleichtert.

Trotz aller Vorteile ist Low-Code mit KI kein Selbstläufer. Die Auswahl der passenden Plattform, klare Governance-Regeln sowie eine gründliche Schulung der Mitarbeitenden bleiben entscheidende Erfolgsfaktoren. Unternehmen müssen die Grenzen der Automatisierung kennen – insbesondere bei komplexen Kernsystemen –, um fundierte Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass sowohl die technischen Anforderungen als auch die organisatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden.

Fazit

Low-Code hat sich als wichtiger Treiber der IT-Modernisierung etabliert. Mit der Integration von KI erreicht dieser Ansatz jedoch eine neue Qualität: Anwendungen entstehen nicht nur schneller, sondern werden intelligenter, adaptiver und stärker in Geschäftsprozesse eingebettet. Die KI-gestützte Analyse von Legacy Code unterstützt Unternehmen zusätzlich dabei, bestehende Systeme sicher und schrittweise in moderne Architekturen zu überführen. Wer heute auf Low-Code in Verbindung mit KI setzt, stärkt nicht nur seine operative Leistungsfähigkeit, sondern schafft die Grundlage für eine langfristig wettbewerbsfähige digitale Unternehmenslandschaft.

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Autor

  • Ulrich Hubert

    Ulrich Hubert ist Business Consultant und Solution Architect im Bereich Modernization bei Fujitsu. Sein Fokus liegt auf der Modernisierung von Applikationen und der Digitalisierung von Geschäftsprozessen mit Low-Code. Er begleitet Kunden von der Planung bis hin zur konkreten Umsetzung und nimmt dabei alle Beteiligten mit auf eine, dank Low-Code, in der Regel kurze Reise.

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