Wie digital sind wir eigentlich und wie digital möchten wir wirklich sein? Mit dieser Frage eröffnete Dr. Patrick Kramer, Geschäftsführer Digiwell, seine Keynote. Dahinter steckt weit mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Es geht nicht um Roboter oder innovative Maschinen, sondern um Cyborgs. Damit geht es um ein brisantes Thema, denn noch immer kennen wir die Welt der Cyborgs vor allem aus Hollywood. Mit unserer Reise zwischen Entsetzen und Neugier kommen wir der Fiktion jedoch weit näher, als gedacht. Diese Keynote der Fujitsu World Tour ging im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut.
Hinter einem Cyborg steckt ein technisch ergänzter Mensch und kein Mutant
Bereits 1974 bediente sich das Science-Fiction Genre aus der Welt der Cyborgs. Mit „The Six Million Dollar Man“ kam Mitte der Siebziger die erste halb Mensch halb Maschine Generation in Form einer Serie ins Fernsehen – mit durchschlagendem Erfolg. Astronaut und Testpilot Colonel Steve Austin erhielt in einer sechs Millionen Dollar Operation ein bionisches Auge, einen Arm und ein Bein. Der Colonel mutiert damit zum Helden. Diesem Muster folgten viele andere Film- und Fernsehgrößen und die Welt der Cyborgs rückt damit in die reine Fiktion.
Tatsächlich haben die Leinwandhelden mit den Kunden von Dr. Patrick Kramer wenig gemeinsam. Als neu gilt der Begriff beim genaueren Hinsehen ohnehin nicht, denn hinter einem Cyborg steckt im Grunde genommen nichts anderes als ein „technisch ergänzter“ Mensch. Jeder der einen Herzschrittmacher oder eine künstliche Hüfte trägt, kann sich nach dieser Definition dazu zählen. Nur sehen wir einen solchen Menschen nicht als Cyborg. Hintergrund für die künstliche Unterstützung bleibt in vielen Fällen die medizinische Notwendigkeit. Genau darauf jedoch möchten manche nach Dr. Patrick Kramer nicht warten.
Intellligente Implantate ermöglichen Vieles – es bleibt die Frage der Ethik
Die Frage nach dem Warum führt uns zurück zu unserer eingangs gestellten Frage und mitten in die Schere zwischen Entsetzen und Neugier: wie digital möchten wir sein? Warum können wir unseren gesunden Körper nicht „upgraden“? Etwa 50.000 Menschen haben sich diese Frage ebenfalls gestellt und tragen bereits ein intelligentes Implantat. Gerade einmal so groß wie ein Reiskorn ermöglichen die unsichtbaren Helfer vieles. Zum Beispiel schenken Sie unserem Körper einen sechsten Sinn, wie ein Kompass beginnt ein solches Implantat zum Beispiel zu vibrieren, wenn wir uns nach Norden drehen. Oder wir tragen in unsere Fingerkuppe einen Magneten. Oder einen Vibrator im männlichen Geschlechtsteil.
Am populärsten bleiben jedoch die Mikrochip-Implantate. Sie ersetzen den Haustürschlüssel oder die Fitnesscard. Wie Dr. Patrick Kramer feststellt, gehen wir ohne diese drei Dinge nicht aus dem Haus: Handy, Schlüssel und Geld. Genau hier kann ein Body-Upgrade helfen. Social Media Profile, die Einkaufsliste, Passwörter, Karten oder Flugtickets – auf einen Chip der mit RFID-Technologie arbeitet, passt Einiges. Dr. Patrick Kramer zum Beispiel trägt sein Ehegelübde unter der Haut und einen Haustürschlüssel besitzt er ebenfalls nicht. Während der Keynote zeigt er ein Bild von seinem vierjährigen Sohn. Trägt er ein Implantat?
Einmal mehr geraten wir in die Schere zwischen Entsetzen und Neugier
Nachahmen kann er die Bewegungen der Eltern schon, allerdings geraten wir spätestens bei dieser Frage in einen ethischen Konflikt. Kramers Sohn trägt kein Implantat, aber wenn wir uns anschauen, wo die Reise hingeht bleibt die Frage der Ethik bestehen. Wir geraten wieder in die Schere zwischen Entsetzen und Neugier. Was bedeutet ein Körper-Upgrade in 20 Jahren? Was wäre, wenn wir direkt an das komplexeste Organ des Menschen gehen könnten? Zum Beispiel Erfahrungen speichern könnten, um sie an andere per Implantat zu übertragen? Tatsächlich gelang dieser Schritt bereits und auch Dr. Patrick Kramer staunt immer wieder darüber, wie schnell ihn die Realität überholt. Trotz der kleinen „Babyschritte“, die wir in diesem Bereich machen müssen.
Ein Implantat kann man nicht mal eben zurückschicken. Dennoch kommen wir weit. Tatsächlich konnten die Erfahrungen eines versierten Piloten mit langjähriger Berufserfahrung bereits an Auszubildende weitergegeben werden. Das Gehirn wandert in die Cloud. Heute eröffnet uns das Internet der Dinge stetig neue Möglichkeiten. In 20 Jahren übernimmt der Mensch selbst diesen Part – als Cyborg. Der Mensch als Bestandteil des Internets – eine bedrohliche oder spannende Aussicht? Einer Umfrage nach zeigen sich 70 Prozent aller Teenager offen für Implantate.
Für eine Generation ein Anreiz – für die Anderen eine bedrohliche Zukunft
Ein erstaunliches Ergebnis, findet Dr. Patrick Kramer, denn eigentlich sagt er, seien die Teens zwischen 15 und 18 Jahren satt an digitaler Erfahrung. Wie lässt sich das überhaupt noch steigern? Einmal mehr geraten wir an dieser Stelle an die Grenzen dessen, was Menschen akzeptieren. Jedoch in einem zeigt sich Kramer sicher – diese Generation kommt. Emotionen teilen wir täglich, über soziale Netzwerke. Allerdings könnte der Mensch als Bestandteil des Internets sie direkt teilen, indem er sich mit einem anderen Gehirn vernetzt. Was, wenn wir dazu nur eine Kapsel schlucken müssten?
Wir müssten dazu nicht mehr online gehen. Noch gehört ein solches Szenario tatsächlich nach Hollywood. Allerdings kann sich Dr. Patrick Kramer diese Entwicklung vorstellen. Ebenso spricht der Stand der Forschung dafür, dass der Mensch als Bestanteil des Internets bald der Realität angehört. Für die Teenager eine spannende Erfahrung mit einem gewissen Reiz. Für viele andere jedoch auch eine bedrohliche Zukunft. Die Welt der Cyborgs bleibt eine Welt, die zwischen Neugier und blankem Entsetzen steht.