Gisela Strnad, Senior Director Marketing, Communications and Public Affairs Germany bei Fujitsu
Mehr Frauen in die IT – so lautet schon seit einigen Jahren der Ruf von Industrieverbänden, Medien und Frauenbeauftragten. Und gerade in Zeiten der Diskussion um die Frauenquote ergreifen die Medien nur allzu gern die Chance, die gar nicht so geringe Zahl an weiblichen Führungskräften in der IT-Branche hervorzuheben und zu porträtieren: Seht her! Es gibt sie doch – die Frauen in der Informationstechnologie. Sogar in Führungspositionen! Und ja – wer die These so formuliert, der hat sicher Recht: Es gibt sie, die Frauen in der Informationstechnologie. Sie sind Pressesprecherinnen, Marketingdirektorinnen, Personalchefinnen oder vielleicht – mit ein bisschen Glück – sogar im Controlling. Ist die Diskussion damit hinreichend geführt? Ich meine nein.
Das Übel an der Wurzel zu packen, hieße vielmehr zu analysieren, wo die Frauen in den tatsächlichen Männer-Domänen der IT sind: Wo sind die Ingenieurinnen? Die Entwicklerinnen? Wo sind gar die Top-Managerinnen oder Länderchefinnen, die vielleicht sogar einen technischen Background haben? Ich will nicht sagen, dass es sie nicht gibt – aber es sind nicht viele.
Das ist kein Grund zur Larmoyanz – und schon gar kein Grund für die Einführung einer Frauenquote. Denn: Es zeigt sich, dass es gar
nicht so unwahrscheinlich ist, dass eine Frau mit naturwissenschaftlicher oder technologischer Ausbildung auf dem großen Parkett reüssiert. Immerhin sind einige erfolgreiche Frauen der jüngeren Geschichte Naturwissenschaftlerinnen oder Technikerinnen: Margaret Thatcher studierte Chemie, Angela Merkel und die ehemalige Areva-Chefin Anne Lauvergeon Physik, Bundespräsidentschaftskandidatin Dagmar Schipanski angewandte Physik mit Abschluss Diplomingenieurin. Und mir fallen – gerade in IT-Unternehmen, und nicht zuletzt in unserem eigenen – auf Anhieb einige taffe und hochqualifizierte Entwicklerinnen oder Ingenieurinnen ein. Das ist vielleicht nicht repräsentativ, aber eindrucksvoll.
Die eigentliche Krux scheint es also zu sein, naturwissenschaftlich und technologisch qualifizierte Frauen zu finden – und die Verantwortung dafür liegt nicht allein bei der Wirtschaft, nicht allein bei der IT. Ja, noch nicht einmal bei der Politik. Da ist ein gesellschaftliches Umdenken gefragt. Ein Land, das jahrelang seinen Mädchen erzählt, sie sollten besser Deutsch und Englisch studieren, ja, am besten Lehrerin werden, denn der Beruf sei am besten „mit der Familie vereinbar“ – das braucht sich nicht zu wundern, dass der weibliche Nachwuchs in Technologie und Wissenschaft fehlt. Da ist dann auch der gut gemeinte – und sicher auch sinnvolle – Girl’s Day nur noch Makulatur.
Wir müssen endlich klar machen, in der Schule, an der Uni, in den Familien und „Peer Groups“, wie es auf Neudeutsch heißt, dass Technologie und Naturwissenschaft, dass die Informationstechnologie Felder sind, in denen Frauen gute Zukunftsaussichten haben, und in denen sie echte Aufstiegschancen erwarten – ob mit oder ohne Familie.