Egal ob Hamburg, Antwerpen oder gar Rotterdam – die großen Häfen Europas (und der Welt) sind wirtschaftliche Zentren mit einem Warenumschlag von vielen Millionen Tonnen jährlich. In jedem dieser Häfen ist eine größere Zahl an LKW unterwegs, die Container von einem Punkt zum anderen bringen. Für einen sicheren Transport muss dieser Verkehr von einer größeren Anzahl Ampeln geregelt werden. Damit es nicht zu unnötigen Verzögerungen kommt, sollten die Schaltungen der Ampeln so gut wie möglich aufeinander abgestimmt sein. Aber wie kann das gelingen?
Bei dieser Herausforderung handelt es sich um ein sogenanntes kombinatorisches Optimierungsproblem. Es geht darum, aus einer bestimmten Anzahl unterschiedlicher Kombinationen die bestmögliche Lösung zu ermitteln. Ein bekanntes Beispiel für diese Art von Problem ist der „Travelling Salesman“: ein Handlungsreisender muss eine Reihe von Städten besuchen. Sein Ziel ist es, die kürzeste Route zwischen diesen Städten zu finden, ohne dass er eine Stadt zweimal besucht – und dass er am Ende wieder am Ausgangspunkt ankommt.
Probleme mit exponentiell steigender Komplexität
Doch nicht nur der bekannte Handlungsreisende steht vor solchen Herausforderungen. Auch für Logistik-Unternehmen ist der Umgang mit kombinatorischen Optimierungsproblemen Alltag. Aber was ist das Problem an diesen Problemen?
Die Lösung der Optimierungsprobleme wird exponentiell komplexer, je mehr mögliche Kombinationen es gibt. Mit gewöhnlichen Computern dauern die notwendigen Berechnungen dann schnell sehr lange, verursachen hohe Energiekosten – und sind nicht immer zuverlässig. An eine Berechnung in Echtzeit, wie sie für eine Logistikoptimierung gegebenenfalls notwendig ist, ist nicht zu denken. Da herkömmliche Computer somit an ihre Grenzen stoßen, steigt die Nachfrage nach Rechnern, die riesige komplexe Datenmengen mit hoher Geschwindigkeit verarbeiten können.
Theoretisch sind Quantencomputer dazu in der Lage. Doch leider wird es noch gute zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis diese wirklich einsetzbar ist. Noch sind die Herausforderungen bezüglich der Skalierbarkeit und der Aufrechterhaltung des Quantenzustandes zu hoch für einen praktischen Einsatz. Doch die Datenmenge in unserer Welt nimmt stetig zu. Was tun?
Quantum-Inspired Optimiziation als Lösung
Eine mögliche Lösung ist der Fujitsu Digital Annealer. Die Computerarchitektur, die erstmals im Jahr 2018 erschien, nutzt das Konzept der Quantenphänomene und löst kombinatorische Optimierungsprobleme über eine digitale Schaltung. Der Digital Annealer basiert auf dem Ising-Maschinenmodell, neben dem Quantengattermodell eines von zwei möglichen Modellen der Quantencomputertechnologie. Mithilfe einer digitalen Schaltung erreicht er einen dauerhaft zuverlässigen Betrieb und lässt sich dank Halbleiter-Technologie zudem leicht miniaturisieren.
Durch den Digital Annealer können kombinatorische Optimierungsprobleme gelöst werden, die sich bisher nur Supercomputern lösen konnten – und selbst damit nicht immer hinreichend. Hierzu gehören Bereiche wie die Nachfrageprognose, die Kombination chemischer Verbindungen und weitere komplexe Gebiete wie die fortgeschrittene Medizin, das autonome Fahren oder die Entwicklung moderner Werkstoffe.
Logistikoptimierung bei der japanischen Post
Auch im Logistik-Bereich laufen bereits Projekte, die den erfolgreichen Einsatz des Digital Annealer in der Praxis demonstrieren. Ein Beispiel hierfür ist die japanische Post.
Das Unternehmen transportiert die von Ihren Kunden abgegebenen Briefe und Pakete vom jeweiligen Postamt zunächst zum zuständigen regionalen Briefzentrum. Dort erfolgen die Sortierung und der Transport zum Briefzentrum der Zielregion, von wo aus sie zu ihren Bestimmungsorten gelangen. Dabei werden die Briefe und Pakete nach den zuständigen Postämtern und Zustellern sortiert.
Schon der Weg zwischen den Absende- und Ankunfts-Briefzentren wird durch die Menge an versendeten Postsachen und möglichen Wegen zu einer Herausforderung. Selbst bei nur vier Briefzentren würde jedes Einzelne drei weitere beliefern müssen – insgesamt bräuchte die japanische Post hier bereits 12 Lastkraftwagen, um alle Verbindungen gleichzeitig bedienen zu können.
Doch es existieren weit mehr als nur vier Standorte: Die Logistik umfasst 62 verschiedene Briefzentren in allen Teilen des Landes. Die möglichen Verbindungen steigen dadurch auf 3.782 an. Zwar gibt es die Möglichkeit, weniger stark frequentierte, aber nah beieinander liegende Standorte nacheinander zu besuchen. Doch auch dann verbleiben noch immer gute 3.000 Strecken, die jeweils mit einem LKW bedient werden müssen. Zusammen mit den Auslieferungsfahrten in den einzelnen Bezirken beläuft sich die Gesamtzahl der eingesetzten Fahrzeuge auf mehr als 10.000 am Tag. Diese legen insgesamt 1,72 Millionen Kilometer täglich zurück – eine Strecke 43 Mal um die Erde.
Viele mögliche Transportwege – und zu wenige Fahrer
Doch selbst mit einer ausreichend hohen Zahl an Fahrzeugen stellt der in Japan bestehende Mangel an Kraftfahrern die japanische Post vor ein Problem. Gab es im Jahr 1995 noch gute 980.000 Fahrer, reduzierte sich diese Zahl bis 2015 auf nur 767.000. Im gleichen Zeitraum verfielfachte sich jedoch die Zahl der zu transportierenden Pakete von 1,48 auf 5,3 Milliarden. Es gilt also, die zu bewältigende Menge an Postsendungen möglichst effizient und mit so wenig Fahrzeugen und Fahrern wie möglich zu realisieren.
Um dieses Problem zu lösen, gibt es seit 2017 das Post Logitech Innovation Programm, in dessen Rahmen die Post mit Unternehmen zusammenarbeitet, die innovative Ideen und Technologien besitzen. Dazu kam 2018 – während eines akuten großen Mangels an Fahrern – der Wunsch, die Transportfahrpläne zwischen den einzelnen Briefzentren und Postämtern zu optimieren. Da hierzu große Datenmengen berechnet werden mussten, waren herkömmliche Rechner nicht mehr in der Lage, dieses Problem zu bewältigen. An dieser Stelle kam dann der Fujitsu Digital Annealer ins Spiel.
Optimierte Transportplanung dank Digital Annealer
Gemeinsam mit den Fujitsu Laboratories erarbeitete die japanische Post Ansätze, um das Transportnetzwerk zu optimieren. Um den Aufwand für die Berechnungen so niedrig wie möglich zu halten, beschränkte sich der Pilotversuch zunächst auf 30 Postämter in der Präfektur Saitama. Auch die Anzahl der Transportwege sowie der zu berechnende Zeitraum wurden limitiert. Auf dieser Basis ermittelte der Digital Annealer die optimalen Routen in Bezug auf Auslastung, Transportzeiten, Entfernungen und Einschränkungen wie die Ankunftszeit.
Im Anschluss starteten dann Simulationen für die optimierten Routen. Es stellte sich heraus, dass die Zahl der Fahrzeuge um 8 % und die Kosten um 7 % gesenkt werden konnten. Die Transportkapazitäten ließen sich gleichzeitig um 12 % steigern. Zudem wurde der zeitliche Aufwand für die Fahrer um 30% reduziert, so dass ihre Arbeitskraft für andere Aufgaben frei wurde.
So geht es weiter
Als nächster Schritt ist nun die Aufhebung der zeitlichen Limitierung für die Berechnungen geplant. Die Simulationen können dann für das Transportaufkommen eines ganzen Tages in der ausgewählten Region durchgeführt werden. Schließlich soll eine Ausweitung auf den landesweiten Transport erfolgen. Dieser ist derzeit noch sehr zeitaufwendig und kostet die Steuerzahler jedes Jahr eine hohe Summe. Der Digital Annealer kann dabei helfen, diese Last zu verringern.
Sie sind neugierig geworden und möchten wissen, was Quantum-Inspired Optimization Services auch für Ihr Unternehmen leisten können? Besuchen Sie unsere Webseite für weitere Informationen – oder sprechen Sie uns einfach an.