Abhängigkeiten in IT-Vertragsbeziehungen

Aufgrund vieler ökonomischer Vorteile ist die teilweise bis vollständige Fremdvergabe der Unternehmens-IT (IT-Outsourcing) heute integraler Bestandteil unternehmerischer Praxis. Mit IT-Outsourcing gehen aber auch Risiken einher und häufig werden die Erwartungen an solche Vorhaben nicht erfüllt. Insbesondere starke Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Kunden und Anbietern werden als wesentliches Risiko in solchen Beziehungen gesehen. Starke einseitige Abhängigkeiten können zu einem Machtvorteil einer Vertragspartei führen, welcher zum Nachteil der schwächeren Partei genutzt werden kann.

Bisher ist jedoch noch nicht untersucht, welcher Grad an Abhängigkeit zwischen den Vertragspartnern vorteilhaft für die Entwicklung einer „gesunden“, erfolgreichen Geschäftsbeziehung ist. Ist das Anstreben einer möglichst geringen Abhängigkeit von dem Partner immer sinnvoller als eine ausgeglichene Beziehung auf Augenhöhe? Führen Beziehungen, in denen beide Partner eine hohe Abhängigkeit aufweisen, durch das hohe beidseitige Engagement zu größerem Erfolg?

Mit diesen und weiteren Fragestellungen rund um das Thema „Abhängigkeitsverhältnisse in IT-Vertragsbeziehungen“ widmen wir uns am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik | Software Business & Information Management an der TU Darmstadt und befragen derzeit Experten auf Kunden- und Anbieterseite.

Erste Ergebnisse zeigen, dass ein Machtvorteil im Rahmen einer IT-Outsourcing-Beziehung meist aufseiten des Providers liegt. Aber auch Anbieter können in eine hohe Abhängigkeit geraten und sich in einer vom Kunden dominierten Beziehung wiederfinden. Wir haben CIOs befragt, wie sich aus ihrer Perspektive eine Dominanz des Anbieters bemerkbar macht. Am häufigsten wurde die Leistungsqualität bemängelt. Kunden beobachten hier eine abnehmende Produktqualität (z.B. fehlerhafte Software), eine geringe Innovationsbereitschaft des Providers und eine Verschlechterung der Dienstleistung im Sinne von Termineinhaltung und Reaktionsgeschwindigkeit bei Problemen und Anfragen. Des Weiteren wurde häufig eine Verschlechterung von Preisen und Konditionen angegeben. Kunden beobachteten insbesondere bei Neuverhandlungen der Verträge eine Ausnutzung des Machtvorteils durch ihren Anbieter. Verträge inklusive Preis und Konditionen entwickelten sich in solchen Fällen häufig zum Nachteil des Kunden. Mangelnde Flexibilität und Kompromissbereitschaft sind weitere Aspekte, durch die sich eine Machtausnutzung aus Kundenperspektive bemerkbar macht. So können beispielsweise veränderte Leistungsbedarfe des Kunden aufgrund mangelnder Flexibilität und Kompromissbereitschaft seitens des IT-Anbieters zu schwierigen Verhandlungen und somit zu einem Nachteil für den Kunden führen.

Eine Ausnutzung der Abhängigkeitsverhältnisse kann jedoch auch verhindert bzw. vom Anbieter nicht verfolgt werden. So beobachtete lediglich ein Drittel der befragten CIOs eine Nutzung einer Dominanzposition durch den Anbieter. Erste Ergebnisse legen nahe, dass eine langfristige Ausrichtung der Geschäftsbeziehung, eine sorgfältige Vertragsgestaltung und aktive Marktbeobachtung sowie die Angst vor Image-Schäden beispielweise den IT-Anbieter daran hindern können, seine Machtposition auszunutzen.

Im Übrigen konnte noch nicht gezeigt werden, dass die stärkere Partei überhaupt von einer Machtnutzung profitiert – bei starker Ausnutzung einer Machtposition sank sogar mehrheitlich die Zufriedenheit beider Parteien in der Vertragsbeziehung. Aus den zukünftigen Ergebnissen erhoffen wir uns weitere Erkenntnisse, welche Konstellationen aus Kunden- und Anbieterabhängigkeit vorteilhaft für die Geschäftsbeziehung und die Zufriedenheit der Vertragspartner sind. Bei Interesse an einer Teilnahme an der aktuellen Online-Umfrage und einem ausführlichen Ergebnisbericht, schreiben Sie gerne eine Mail an umfrage@is.tu-darmstadt.de.

Zum Weiterlesen:

http://luenendonk-shop.de/Luenendonk-Studien/Luenendonk-Studie-2013-Der-Markt-fuer-IT-Beratung-und-IT-Service-in-Deutschland.html

http://luenendonk-shop.de/Luenendonk-Publikationen/Luenendonk-Handbuch-IT-Consulting-2013.html