Keynote über Quanten Computing

Was hat eine Katze mit der Verbesserung unserer Welt zu tun? Die finale Keynote des Fujitsu Forums 2017, „The posibilities of Quantum Computing“, beantwortete diese und viele weitere Fragen. Dr. Joseph Reger schloss zwei Tage voller spannender Einsichten in unsere digitale Zukunft mit einem Paukenschlag ab. Der CTO Fujitsu EMEIA nahm uns mit in die faszinierende Welt des Quantum Computing. Wir fassen die erstaunlichen Erkenntnisse und Zukunftsaussichten seiner Keynote für Sie zusammen.

Die Grundregeln der Quantenphysik: Die Dualität der Superposition

Um einen standardmäßigen öffentlichen RSA-Verschlüsselungscode zu durchbrechen, müssen 617-stellige Zahlenkombinationen geknackt werden. Mit General Purpose Computing würde das 6 Billiarden Jahre dauern. Sogar ein Supercomputer bräuchte für diese Aufgabe 21 Billionen Jahre. Das ist 1,5 Mal länger, als unser Universum alt ist.

Auch der Supercomputer der Zukunft würde mit 1.000.000-facher Geschwindigkeit heutiger Hardware immer noch 20.000 Jahre benötigen, um einen solchen Code zu knacken. Nur eine grundlegend neue Art von Rechnern, wäre schnell genug, solche Rechenoperationen in angemessener Zeit auszuführen: Quantencomputer.

Das Prinzip der Dualität

Um Quantum Computing wirklich zu verstehen, müssen wir die Grundregeln der Quantenphysik verstehen. Das wichtigste Prinzip der Quantenphysik ist die Dualität: Ein Phänomen nimmt zur selben Zeit zwei Zustände ein. Dr. Reger vergleicht es mit den gemischten Gefühlen amerikanischer Studenten zum Thema Quantenphysik:

„Quantenphysik ist sowohl fantastisch als auch merkwürdig – beides gleichzeitig. Das ist das duale Prinzip der Quantenphysik.“

Das Beispiel Licht verdeutlicht das duale Prinzip in der Physik: In seinem Doppelspaltexperiment von 1802 bewies Thomas Young, dass Licht aus Wellen besteht. 100 Jahre später stellte der Photoelektrische Effekt diese gesicherte Erkenntnis auf die Probe. Der Effekt zeigte, dass Licht aus Teilchen besteht. Wie kann das sein? Beide Experimente belegten jeweils eindeutig, dass Licht aus Wellen oder aus Teilchen besteht. Der Dualismus der Quantenphysik löst diesen Widerspruch auf: Licht verhält sich sowohl wie Wellen, als auch wie Teilchen.

Das bedeutet aber nicht, dass zwei unterschiedliche Zustände zur selben Zeit tatsächlich vorliegen. In der Quantenphysik geht es um die gleichzeitige Wahrscheinlichkeit zweier Zustände. Auf das Lichtbeispiel bezogen heißt das: Licht könnte sich zur selben Zeit entweder wie Teilchen oder wie Wellen verhalten.

Die Superposition

Quanten Computing und Schrödingers KatzeDas berühmte Gedankenexperiment Schrödingers Katze veranschaulicht dieses Prinzip: Im Versuchsaufbau befinden sich eine Katze, ein Auslöser und Giftgas. Der Auslöser aktiviert mit einer Wahrscheinlichkeit von genau 50 % das Giftgas und die Katze stirbt. Den gesamten Versuchsaufbau stellen wir uns nun in einer Box vor. In der Quantenwelt ist die Katze nun in einer Art Superposition zu zwei Zuständen: Tot oder lebendig – mit jeweils exakt der gleichen Wahrscheinlichkeit.

Erst, wenn wir die Box öffnen, um den Zustand zu beobachten, bricht der Quantenzustand der Katze zusammen und fällt auf einen der beiden Zustände unserer gewohnten Umgebung zurück – wir finden sie entweder tot oder lebendig. Bis zu diesem Moment ist sie in ihrer dualen Superposition im Quantenuniversum sowohl tot als auch lebendig.

In der Realität kann eine Katze diese Superposition aber leider nicht einnehmen – sie ist schlicht zu groß. Quantenzustände sind nur auf mikroskopisch-atomarer Ebene möglich. Das ist auch der Grund dafür, dass wir Quantenzustände zerstören, sobald wir sie beobachten wollen. Der Beobachter befindet sich in einer ganz anderen Größendimension als die winzigen Quanten, sodass wir immer nur die klassischen Zustände in unserer gewohnten Umgebung erfassen können. Durch die Interaktion des Beobachtens fällt die Superposition von Teilchen grundsätzlich auf einen der verschiedenen wahrscheinlichen Zustände in unserer Dimension zurück.

Quantum Computing: Qubits in Superpositionen

Dass wir die Quantenzustände im Moment der Beobachtung zerstören, ist auch die größte Herausforderung beim Quantum Computing. Wir müssen lernen, die Mechanismen der Quantenwelt zu bewahren, während wir die Rechenvorgänge beobachten, um Fehler korrigieren zu können.

„Fehlerkorrektur ist eine der großen Herausforderungen beim Quantum Computing.“
Dr. Joseph Reger, CTO bei Fujitsu EMEIA

Keynote Quanten ComputingDa ein Quantencomputer aber grundsätzlich mit dem Dualismus der Superpositionen arbeiten kann, ist er zu unfassbar schnellen Rechenleistungen im Stande. Statt sich mit jeder Möglichkeit einzeln auseinanderzusetzen, berücksichtigt der Quantencomputer alle möglichen Zustände gleichzeitig.
Das grundlegende Element des Quantum Computing ist das Qubit. Klassische Bits können im Zustand 1 oder 0 sein.

Das Qubit kann die Superposition einnehmen und gleichzeitig im Zustand 1 und 0 sein – natürlich nur, solange wir es nicht messen. Viele Qubits in der Superposition könnten also sämtliche mögliche Lösungen für ein Problem gleichzeitig anzeigen.

Die Alternativen: Simulation, Quantum Gate Computer, Annealing

  1. Aber wie können wir das Problem mit der mangelnden Fehlerkorrektur und Auslesbarkeit der Quantenzustände umgehen? Die Prinzipien der Quantenphysik mit unserer üblichen Hardware zu simulieren, wäre eine Idee. Schließlich simulieren wir mit unseren Computern ständig die komplexesten Prozesse. Die Schwierigkeit ist folgende: 2 Qubits können dem Prinzip der Dualität nach gleichzeitig mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten in 4 unterschiedlichen Zuständen sein. Für die Beschreibung der Quantenzustände zweier Qubits benötigen wir also 4 Zahlen.

    „Um einen Quantencomputer mit nur 80 Qubits zu simulieren, bräuchten wir einen Computer von der Größe des sichtbaren Universums.“
    Dr. Joseph Reger, CTO bei Fujitsu EMEIA

    Eine Quantenberechnung würde dann so lange dauern, wie das Universum alt ist.

  2. Wir brauchen also echte Quantenhardware. Quantum Gate Computer wären eine mögliche Lösung. Allerdings sind sie bisher sehr schwer zu bauen und wegen der Schwierigkeit der Fehlerkorrektur noch nicht in der Lage, aussagekräftige Ergebnisse zu liefern.
  3. Quanten Annealing bietet eine verlässliche und greifbare Alternative zum Quantum Gate Computer. Annealing bedeutet übersetzt „Glühen“. Wir kennen das Prinzip aus der Schmiede: Der Schmied erhitzt Metall, um es flexibel und weniger brüchig zu machen, sodass man es bearbeiten kann. Beim Quanten Annealing nutzen wir statt Hitze ein starkes externes Magnetfeld, um die Quanten zu kontrollieren.
    So funktioniert der einzige kommerzielle Quantencomputer der Welt, den das kanadische Unternehmen D-Wave Inc. baute. Dieser Quantencomputer schafft es, die Qubits über das Annealingprinzip eine ganze Zeit lang in der Superposition zu belassen und gewährleistet schon jetzt Fehlerkorrekturen in einem gewissen Maße. Der D-Wave Quantencomputer kann schon sehr viele komplexe Probleme in kurzer Zeit lösen, ist aber auch sehr teuer und braucht sehr viel Energie in einer ganz speziellen Umgebung.

Die Lösung: Digital Annealing

Digital Annealing statt Quanten ComputingWas können wir also tun, wenn wir die Geschwindigkeit der Quantentechnologie nutzen wollen, aber verlässliche und wirtschaftliche Lösungen noch weit entfernt sind? Wir können die Tricks der Quantenmechanik nutzen und sie in klassische Hardware integrieren. Dabei geht es nicht um eine Simulation, sondern darum, dass eine spezielle Hardware quanteninspirierte Tricks nutzt, um wesentlich schneller zu arbeiten.

Fujitsu hat sich dieser Herausforderung gestellt und in Zusammenarbeit mit der Universität von Toronto den Digital Annealer entwickelt. Dr. Hirotaka Tamura, Chefarchitekt des Digital Annealers bei Fujitsu Laboratories in Japan erklärt uns die Vorteile des Digital Annealers:

Der Digital Annealer ist kein Quantencomputer, sondern von Quanten inspiriert. Dadurch kann er viele der Quantentricks nachahmen und wie in einer Superposition Vorgänge gleichzeitig statt nacheinander ausführen. Das macht den DA schon jetzt 10.000 Mal schneller als simuliertes Annealing und 17.000 Mal schneller als jetzige Prozessoren. Mit dem Digital Annealer liegen wir heute bereits 14 Chipgenerationen und eine ganze Menschengeneration vor der aktuellen Technologie. Bald wird der Digital Annealer sogar 100.000 Mal schneller sein als herkömmliche Prozessoren.

Der Digital Annealer ist im Gegensatz zu Quantencomputern günstig, energieeffizient und schon heute nutzbar. Mit dieser Technologie können wir bald die Aufgaben zukünftiger Quantencomputer übernehmen und viele Bereiche optimieren:

  • Katastrophenmanagement
  • Katastrophenschutz
  • Molekulare Forschung
  • Strahlentherapie im menschlichen Körper
  • Künstliche Intelligenz
  • Maschinelles Lernen
  • Netzwerksicherheit

Kurz gesagt:

„Die Zukunft wird mit Quantum Computing besser sein. Viel besser!“
Dr. Joseph Reger, CTO bei Fujitsu EMEIA

Die Keynote machte deutlich, dass wir bei der Entwicklung echter Quantencomputer noch einige Herausforderungen überwinden müssen, um mit ihnen arbeiten zu können. Schon heute ist es aber möglich, die Tricks des Quantenuniversums zu nutzen und damit unsere Rechenoperationen immens zu beschleunigen. Der Digital Annealer macht die unglaublichen Chancen des Quantum Computings schon heute greifbar. Wir freuen uns darauf, die Welt mit unserer Technologie schon heute zu einem besseren, gesünderen und sichereren Ort zu machen.

Weitere Details zum Quantum Computing erfahren Sie im Video der Keynote:

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