In der Tat eine provokative Fragestellung!
Schon vor einiger Zeit verfasste ich in unserem englischsprachigen Unternehmensblog zwei Beiträge zum Thema Qualitätssicherung mit KI:
- Smart quality management: why manufacturers should use AI-driven optical quality assurance systems (Link leider nicht mehr verfügbar)
- What to think about when implementing AI in optical quality assurance (Link leider nicht mehr verfügbar)
Nachdem wir inzwischen in einer weiteren Reihe von Projekten aktiv sind, fand ich es sinnvoll, die Frage nach dem Mehrwert einer solchen Lösung erneut zu stellen.
Vorteile und Hürden der optischen Qualitätssicherung mit KI
Für uns als Technologieunternehmen bestand der Reiz am Anfang sicher unter anderem in der Erkenntnis, dass seit 2015 das „Auge der KI“ besser ist als das des Menschen. In einem ersten Projekt konnten wir das auch eindrucksvoll unter Beweis stellen, als wir die Inspektionszeiten eines Windradflügels von 6 auf nur noch 1,5 Stunden senken konnten. Damit stand auch schon ein erster Mehrwert gegenüber einer manuellen Qualitätskontrolle fest – die Geschwindigkeit. Und nicht nur die. Auch die nie nachlassende Qualität einer KI bei der Fehlererkennung stellte sich als ein wichtiger Mehrwert heraus. Uns liegen Zahlen vor, nach denen Menschen schon nach einiger Zeit 30% der Fehler schlicht übersehen.
Aber schon in diesem Projekt (und den nachfolgenden) stellte sich ebenfalls heraus, dass es keine einfache Spielerei ist, in jeder Situation auch eine gute Lösung zu finden. Es gilt eine Menge potentieller Hürden zu überwinden. Oft gibt es nicht genug Bildmaterial zum Trainieren, die Fehlerbilder können sehr klein sein, die Bilddaten dagegen hochkomplex. Zusätzlich gilt es, eine ganze Reihe von Integrationsthemen zu meistern. Dazu gehören die richtige Auswahl und Position der Kameratechnologie oder die Integration in die bereits bestehenden Qualitätsprozesse und vieles mehr.
Wo liegt der Return on Investments?
Und damit kommt eine Kernfragestellung in den Fokus: Wie halten sich Aufwand und Nutzen die Waage? Wir bei Fujitsu nähern uns dieser Problemstellung von zwei Seiten. Auf der einen sammeln wir mit jedem neuen Projekt Erfahrungen und unser Erfahrungsschatz wächst ständig. Ein schönes Beispiel dafür gibt es in den Breakout Sessions der Fujitsu ActivateNow 2020. Unter dem Titel „Optimierung des Qualitätsmanagements mit visuellen Inspektionsdiensten – Darstellung anhand eines Use Cases aus dem Druckguss„ finden Sie ein Projekt, welches wir mit der Universität Kassel durchgeführt haben. Weitere spannende Breakout Sessions der Veranstaltung können Sie sich übrigens in unserer Playlist ansehen.
Auf der anderen Seite spielen zwei Faktoren bei der Bewertung eines möglichen „Return on Investments“ (RoI) eine wichtige Rolle:
- Wie lange dauert die Qualitätssicherung?
- Wie groß ist die Stückzahl, auf die sie angewendet wird?
An dieser Stelle wage ich die Aussage, dass diese Art und Weise, ein Qualitätssicherungsprojekt zu beurteilen, zu kurz springt. Wer solche Projekte nur isoliert auf die Abwägung zwischen direktem Aufwand und direktem Nutzen reduziert, verpasst die erweiterten Möglichkeiten, die das viel beschworene Thema Industrie 4.0 bietet.
Lassen Sie mich das näher erläutern: Wir erleben in Projekten immer wieder, dass die Fehlerbilder unklar bleiben. Und das obwohl (oder weil?) Menschen diese durchführen. Das heißt, das Qualitätsmanagementteam weiß nicht genau, welche Fehler exakt und wie häufig auftreten. Das ändert sich automatisch bei der Einführung einer KI-gestützten Qualitätskontrolle, getreu dem Motto: „Nur das, was du messen kannst, kannst du auch verbessern“.
Qualität ist kein reiner Kostenfaktor – sondern echter Mehrwert
Genau hier startet die „Industrie 4.0-Reise“. Sobald die Fehlerbilder und ihre Signifikanz auch quantitativ erfasst sind, kann ein nachhaltiger Verbesserungsprozess des Produktes selbst gestartet werden. So wird der Verwurf minimiert. In diesem Zusammenhang hilft dann auch eine weitere Digitalisierung der Produktionslinie dergestalt, dass man jetzt Korrelationen zwischen zum Beispiel der Einstellung von Maschinen im Produktionsprozess, Umgebungsparametern wie Druck, Temperatur oder Ähnlichem und der daraus resultierenden Qualität herstellen kann. Damit wird das Thema Qualität aus der Nische eines reinen Kostenfaktors heraus in eine echte Mehrwertargumentation überführt.
Vor allem für Firmen, die sich sehr aktiv mit neuen Geschäftsmodellen wie einem nutzungsabhängigen Preismodell beschäftigen, ist eine solche generelle Qualitätsverbesserung essentiell. In diesem Zusammenhang kommt man auch schnell auf weitere Themen zu sprechen, wie die konsequente Optimierung der Betriebskosten der Produkte später im Feld. Auch hier legt eine generell bessere Produktqualität von vorne herein eine wichtige Grundlage.
Aber alles beginnt damit, dass man eine KI-gestützte Qualitätssicherung in einem größeren Kontext als eben nur der Kostenoptimierung der Kontrolle selbst begreift.
Weitere Informationen
Sie möchten mehr zu dem Thema wissen? Dann empfehle ich Ihnen unsere Webseite zu den Connected Services für die Fertigungsindustrie – oder sprechen Sie uns einfach an.