Die Euphorie ist groß, die Skepsis auch. Beim Thema Quantum Computing gehen die Meinungen auseinander. Die einen sind überzeugt, dass in naher Zukunft Quantencomputer unsere herkömmlichen Rechensysteme überflügeln und in einigen Fällen auch ablösen werden. Die anderen zweifeln, ob diese Technologie jemals wirklich praktikabel und wirtschaftlich sein wird. Beide Seiten sind sich aber in einem Punkt einig: Kein einzelner Player im Markt, kein Land oder Unternehmen wird in der Lage sein, dieser Zukunftstechnologie im Alleingang zum Durchbruch zu verhelfen.
Begeisterung hin, Zweifel her – das Rennen läuft
Neben den USA und China investieren Staaten wie Deutschland oder Frankreich Milliarden Euro in die Förderung von Quantum Computing. Auch die EU hat sich das Thema auf die Fahne geschrieben. Etablierte Unternehmen wie Fujitsu, IBM oder Atos arbeiten seit vielen Jahren an Quanten- und Quanten-inspirierten Lösungen. Start-ups streben in den Markt, suchen nach Investor*innen.
Der aktuelle Stand in Sachen Quantum Computing wurde Ende Mai auf dem „Quantum Summit 2021“ des Bitkom diskutiert. Expert*innen aus Forschung, Wirtschaft und Politik tauschten sich zwei Tage lang aus. Fujitsu war als Partner beteiligt und stellte unter anderem den Digital Annealer vor.
Diesen Fragen wollen wir nachgehen:
- Was versteht man eigentlich unter Quantum Computing?
- Wie steht es aktuell um Quantentechnologien in Deutschland und Europa? Was sind die Perspektiven?
- Wie schneiden die Lösungen rund um Quantum Computing von Fujitsu im Vergleich zu anderen ab?
Quantum Computing einfach erklärt
Am Anfang steht eine fundamentale Erkenntnis, die wir Max Planck und Albert Einstein zu verdanken haben: Wir leben in einer Quantenwelt. Auf Ebene der Atome und ihrer Bestandteile gelten die Regeln der Quantenmechanik.
Wenn unsere gesamte Welt auf Quanten basiert – könnten Quantensysteme uns dann nicht helfen, besser zu verstehen, was in der Welt passiert? So kommen Quantentechnologien ins Spiel. Ein Computer, der auf diesen Technologien basiert, verspricht gewaltige Möglichkeiten: unglaubliche Rechenleistung, blitzschnelle Optimierung von Prozessen, absolut sichere Kommunikation. Das erhoffen sich zumindest die Quanten-Enthusiast*innen. Die Skeptiker*innen verweisen auf die Hindernisse.
Aktuell sind Quantencomputer nämlich weit entfernt davon, vorhandene High Performance Computer zu übertreffen. Die Anzahl und die Qualität ihrer elementaren Speichereinheiten, Qubits genannt, ist dafür noch zu gering. Qubits können im Gegensatz zu digitalen Bits einen Zwischenzustand zwischen Null und Eins einnehmen. Dadurch können alle möglichen Werte bzw. Kombinationen zugleich dargestellt und bearbeitet werden. Bei 20 Qubits beispielsweise sind dies alle Werte zwischen 20 und 220, also zwischen 0 und ein bisschen mehr als 1 Million. Soweit die Theorie.
Unternehmen und Wissenschaftler*innen verkünden regelmäßig neue Durchbrüche
Doch die genannte Anzahl der Qubits und die verschiedenen Umsetzungen können schnell für Verwirrung sorgen:
- Gatter Quantencomputer, die von vielen als „echte“ Quantencomputer angesehen werden, verwenden Gatter mit welchen man elementare Operationen auf einzelnen Qubits durchführen kann. Aktuelle Quanten Gattercomputer verfügen über maximal 73 Qubits.
- Adiabatische Quantencomputer hingegen setzen auf sogenanntes Quantum Annealing. Seit 2020 gibt es sie mit mehr als 5.000 Qubits, die aber untereinander nicht vollständig verbunden bzw. vernetzt sind.
Nachteile dieser Systeme sind unter anderem eine sehr anspruchsvolle technische Umsetzung, die spezielle notwendige äußere Umgebung und die notwendigen Fehlerkorrekturen in den Ergebnissen.
Ein guter Kompromiss ist es, Quantum Computing auf herkömmlichen Rechnersystemen zu simulieren. Als intelligente Lösung bietet sich hier Simulated Annealing an. Emuliert man dieses nun auf Basis eines Chips und lässt sich beim Design desselben von verschiedenen Quanteneffekten inspirieren, dann erhält man den Digital Annealer. Auf diese Quanten-inspirierte Technologie kommen wir gleich noch zurück.
Quantum Summit 2021: Wo stehen wir, was bringt die Zukunft?
Optimistische Blicke nach vorne, Anmerkungen zu aktuellen politischen Strategien, Aufrufe zu mehr Austausch und Kooperation. All dies und mehr gab es auf dem digitalen Quantum Summit 2021. Wenn in Keynotes, Präsentationen und Panel-Diskussionen ein Grundtenor vorherrschte, dann dieser: Quantum Computing können wir nur gemeinsam voranbringen.
Vertreter der großen Technologieunternehmen kamen zu Wort:
Mark Mattingley-Scott (IBM) sieht Europa und insbesondere Deutschland als führend bei der Forschung zu Quantum Computing an. Bis 2023 hält er Quantencomputer mit mehr als 1.000 Qubits für realistisch. Für bestimmte Anwendungen seien sie sehr geeignet, bei anderen wären klassische Computersysteme die bessere Wahl.
Joseph Reger (Fujitsu) wies auf Parallelen zur Debatte über KI hin: Auch hier gab es immer wieder Frühlinge, also Zeiten des großen Optimismus, auf die dann dunkle Winter folgten. Mit Quantum Computing könne es ähnlich laufen. Die Zeit bis zur Entwicklung eines echten Quantencomputers gelte es mit intelligenten Lösungen wie Digital Annealing zu überbrücken.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Jan Wender (Atos) gab Einblicke in die globale Quanten-Strategie seines Unternehmens. Er sieht weitreichende Anwendungsmöglichkeiten in verschiedensten Branchen für Quantum Computing.
Kooperationen als Schlüssel zum Fortschritt
In einer gemeinsamen Präsentation stellten Georg Houben (Fujitsu) und Oliver Holschke (T-Labs/Deutsche Telekom) vor, wie beide Unternehmen auf dem Gebiet des Quantum Computings kooperieren. Die Deutsche Telekom erkennt unter anderem großes Potenzial bei der Optimierung ihrer Mobilfunknetzwerke. Der Einsatz des von Fujitsu entwickelten Digital Annealer verspreche hier gute Ergebnisse.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Überhaupt war Kooperation ein großes Thema. So ging es im Panel „Germany – an international centre of excellence in Quantum?“ um die Frage, wie Deutschland seine Position ausbauen und sichern kann. Neben Forderungen nach stärkerer Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft wurde betont, wie wichtig die Schaffung eines tragfähigen Ökosystems für Quantum Computing sei.
Ein positives Beispiel für die zunehmende Kooperation über alle Branchengrenzen hinweg ist das PlanQK Ökosystem bzw. Konsortium. In dieser Community arbeiten mehr als 70 Partner*innen aus Industrie und Forschung an quantengestützter Künstlicher Intelligenz und der Entwicklung einer gemeinsamen Plattform. Neben der Deutschen Telekom unterstützt auch Fujitsu dieses Projekt.
Europa strebt führende Position an, Deutschland und Frankreich engagieren sich stark
Auch auf europäischer Ebene steht das Thema Quantum Computing weit oben auf der Agenda, als Teil der Digitalstrategie der Europäischen Kommission „Europe’s Digital Decade“. Thomas Skordas und Gustav Kalbe (beide EU-Kommission) führten dies in ihren Vorträgen aus. Erklärtes Ziel ist es, bis 2030 den ersten europäischen Quantencomputer zu entwickeln. Ab Herbst 2021 wird es im Rahmen des EU-Forschungsförderungsprogramms „Horizon Europe“ einen eigenen Fund für Quantentechnologien geben.
Doch auch einzelne Mitgliedstaaten engagieren sich erheblich. Die Bundesregierung fördert Quantentechnologien in den nächsten Jahren mit rund 2,5 Mrd. Euro. Die Roadmap des Expertenrats aus Forschung und Industrie sieht vor,
- kurzfristig (1-5 Jahre) einen niederschwelligen Zugang zu schaffen durch Aufbau eines umfassenden Ökosystems,
- mittelfristig (10 Jahre) einen Quantenvorteil für praxisrelevante Anwendungen zu demonstrieren, um an der Spitze des internationalen Wettbewerbs zu stehen, und
- langfristig (10-15 Jahre) ein fehlerkorrigiertes Quantencomputing System zur Lösung einer universellen Klasse an Problemen zur Verfügung zu stellen.
Ein Vertreter des französischen Forschungsministeriums stellte auch dediziert die Quanten-Strategie Frankreichs vor. In den nächsten Jahren wird das Land rund 1,8 Mrd. Fördermittel investieren und mit anderen EU-Staaten, unter anderem Deutschland und den Niederlanden, intensiv kooperieren.
Viel Förderung und Forschung, wenig Business-Relevanz?
Die Frage nach der Praxisrelevanz trieb besonders die Vertreter*innen aus den Unternehmen um. So wies zum Beispiel Horst Weiß (BASF) darauf hin, dass dringend Systemintegratoren nötig seien. Wolfgang Maurer (Siemens) sprach von einer großen Kluft, die sich zwischen Forschung und industrieller Anwendung auftue. Aus seiner Sicht gibt es keinen „Quanten Bonus“: Der Industrie sei es egal, mit Hilfe welcher Technologie ein Problem gelöst werde.
Fujitsu kennt die Bedürfnisse der Industrie und arbeitet seit Jahren an pragmatischen Lösungen, um Quantentechnologien für Unternehmen nutzbar zu machen.
Quanten-inspiriertes Computing als Brückentechnologie – mit klaren Vorteilen für das Business
Eine sehr großes Anwendungsfeld für Quantentechnologien im Business ist die kombinatorische Optimierung. Zum Beispiel bei der Routenfindung und Lagerhaltung im Logistikbereich, der Schichtplanung oder der Entwicklung von Medikamenten. Weitere Anwendungen von Quantencomputern liegen in der Kryptografie, der Suche in großen Datenmengen und der Künstlichen Intelligenz.
Quantencomputer können solche Aufgaben im Vergleich zu herkömmlichen Computern quasi in Windeseile lösen – und den Unternehmen, die frühzeitig auf diese Technologie gesetzt haben, große Wettbewerbsvorteile verschaffen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Der Digital Annealer als Brückentechnologie
Knackpunkt ist jedoch, dass die Rechenkapazität der bislang existierenden Quantencomputer nicht ausreicht, um industrierelevante Probleme auf diesen Systemen abzubilden. Die Zahl der Qubits ist noch zu gering. Für die Übergangszeit bietet sich eine Brückentechnologie an: ein Digital Annealer.
Der Digital Annealer arbeitet quanten-inspiriert: Er basiert auf herkömmlicher Silizium-Prozessortechnologie und emuliert quantenmechanische Effekte. So erzielt er annähernd die Lösungsqualität der aktuellen Quantencomputer, kann aber einen wesentlich größeren Problemraum durchsuchen. Der von Fujitsu entwickelte Digital Annealer nutzte hierfür bisher 8.192 Entscheidungsbits, erst seit kurzem ist die dritte Generation mit 100.000 Bits verfügbar – alle voll vernetzt.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
In technischer Hinsicht ist der Digital Annealer viel leichter in Rechenzentren zu integrieren als ein Quantencomputer, der hohe Anforderungen an Kühlung und Abschirmung stellt. Weiterer Vorteil ist, dass ein Unternehmen bereits heute Kompetenz in Sachen Quanten- bzw. quanten-inspirierter Technologie aufbauen kann. Ein Zeitvorsprung, der im Wettbewerb entscheidend werden kann.
Wann ist Digital Annealing für ein Unternehmen sinnvoll? Aus unserer Sicht gibt es drei Szenarien:
- Echtzeitanforderungen: Für das Finden eines mindestens gleich guten Optimums in schnellerer Zeit, zum Beispiel beim Job Shop Scheduling.
- Qualitätsanforderungen: Für das Finden eines besseren Optimums in einer vorgegebenen Zeit, zum Beispiel im Umfeld Portfolio Management.
- Disruptive Ansätze: Für die Skalierung oder neue Möglichkeiten, die mit bestehenden Technologien nur unzureichend bearbeitet werden können, etwa komplexe Aufgaben in der Verkehrsoptimierung.
Wichtig für alle diese Anwendungen ist die Umsetzung des Problems auf eine kombinatorische Optimierung und in der Folge auf lineare oder quadratische Energiegleichungen, die es zu lösen gilt. In Zukunft werden Quantentechnologien einen wichtigen Baustein in der IT-Infrastruktur von Unternehmen bilden. Bereits heute macht Fujitsu quanten-inspiriertes Computing als Brückentechnologie für industrierelevante Herausforderungen verfügbar. So erhalten Kund*innen die Möglichkeit, praxisrelevantes Wissen aufzubauen und zugleich einen Benefit für ihr Business zu generieren.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Jetzt den Quantum-Vorsprung sichern mit FUJITSU
Sie möchten mehr über den Digitaler Annealer und andere quanten-inspirierte Lösungen von Fujitsu erfahren? Auf Digital Annealer: Fujitsu Deutschland finden Sie weitere Informationen. Oder wenden Sie sich mit Ihren Fragen direkt an unsere Expert*innen von Digital Incubation!
Fazit: Ein mutiger Blick voraus – mit gemischten Gefühlen
Mit rund 1.300 Teilnehmer*innen und mehr als 80 Präsentierenden war der digitale Quantum Summit 2021 ein voller Erfolg. Quantum Computing betrachtet die Mehrheit als wegweisende Zukunftstechnologie. In die optimistischen Prognosen mischten sich aber auch Stimmen, die auf eine mögliche Überschätzung des Potenzials oder eine noch unzureichende Anwendungsorientierung hinwiesen. Eine gesunde Mischung aus Euphorie und reflektierter Vernunft scheint angebracht zu sein, um Quantum Computing weiter voranzutreiben.
Wir bei Fujitsu sind gespannt auf die Diskussionen beim nächsten Quantum Summit. Bis dahin arbeiten wir weiter an quanten-inspirierten Lösungen.
Anne-Marie Tumescheit widmet sich in ihrer Rolle als Emerging Technology Consultant der Vermittlung der „Neuen Technologien“. Konkret umfasst das die Beratung und die Kommunikation zu Themen von Künstlicher Intelligenz über Blockchain bis zu Quantentechnologien. Im Mittelpunkt stehen dabei die Möglichkeiten und Chancen, aber auch Risiken und Herausforderungen in der Umsetzung. Im Bereich Quantencomputing dreht es sich für Anne-Marie vor allem um den unternehmerisch tatsächlich nutzbaren State-of-the-Art.