Damit elektrische und elektronische Produkte am Ende ihres Lebenszyklus möglichst umweltfreundlich verwertet werden können, müssen problematische Stoffe und Substanzen bereits bei der Produktentwicklung berücksichtigt werden. Beim Zukauf von Komponenten ist sicherzustellen, dass umweltgefährdende Stoffe wie z.B. bestimmte bromierte Flammschutzmittel nicht enthalten sind. Auch darf über die Produktfertigung kein Eintrag solcher Stoffe in das Produkt erfolgen. Als Beispiel sei hier das bleifreie Löten elektronischer Bauteile genannt.
Mit dem Inkrafttreten der EG-Richtlinie 2002/95/EG zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten im Jahr 2006 wurde die Verwendung der darin genannten Stoffe und Substanzen in Geräten und Bauteilen bereits reglementiert. Die Richtlinie ist bekannt unter dem Kürzel RoHS, was auf Englisch „Restriction of (the use of certain) Hazardous Substances“ bedeutet. Die EG-Richtlinie 2002/95/EG (RoHS 1) ist durch die am 3. Januar 2013 in Kraft getretene EG-Richtlinie 2011/65/EU (RoHS 2) abgelöst worden.
Der Verbraucher als letztes Glied in der Handelskette profitiert also genau wie die Umwelt von Produkten, die bei der Verwertung einen möglichst geringen Schadstoffeintrag in die Umwelt aufweisen. Durch die RoHS werden Substanzen wie Blei, Quecksilber, Cadmium, sechswertiges Chrom, Polybromierte Biphenyle (PBB) und Polybromierte Diphenylether (PBDE) aus den Produkten weitestgehend verbannt.
Nur für bestimmte Anwendungsfälle lässt die RoHS bei technischer Notwendigkeit vereinzelt Ausnahmen zu. Diese Ausnahmen unterliegen einer regelmäßigen Überprüfung durch den Gesetzgeber und haben eine maximale Gültigkeit von fünf Jahren. Der Grenzwert für die durch RoHS reglementierten Stoffe liegt mit Ausnahme von Cadmium bei 0,1 Prozent bezogen auf das homogene Material. Für Cadmium gilt eine Obergrenze von 0,01 Prozent.
RoHS-Messungen im Fujitsu Product Compliance Center
Wir bieten am Standort Augsburg die Messung von RoHS-relevanten Komponenten an. Hierfür steht uns der im August 2012 neu eingerichtete Messplatz mit dem FISCHERSCOPE X-RAY XDV-SDD Messgerät zur Materialanalyse auf Basis von Röntgenfluoreszenz zur Verfügung.
Im Rahmen des RoHS Konformitätsbewertungsverfahrens ist vom Hersteller sicherzustellen, dass jedes Bauteil und die Komponenten eines Systems die gesetzlichen RoHS-Grenzwerte einhält. Bei einem PC sind dies im Durchschnitt zwischen 150 und 200 Komponenten, wobei das Mainboard als eine Komponente betrachtet wird. Die Norm EN 50581 beschreibt den Prozess zur Sicherstellung der RoHS-Anforderung. Gemäß dieser ist ergänzend zu den komponentenspezifischen RoHS Nachweisdokumenten eine messtechnische Überprüfung von Risikokomponenten erforderlich.
Bei komplexen Produkten, wie z.B. Computer ist eine vollständige messtechnische Überprüfung der RoHS-Konformität aufgrund der hohen Bauteilanzahl nicht möglich. Elektronische Bauteile bestehen zudem aus einer Vielzahl von homogenen Schichten. Da sich die RoHS-Grenzwerte auf das homogene Material beziehen, müssten die elektronischen Bauteile mit aufwendigen Verfahren in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Die dabei gewonnene Menge an Analysematerial ist oft nicht ausreichend für eine Prüfung.
IT-Endprodukte können somit nur im Stichprobenverfahren auf ihre RoHS-Konformität überprüft werden, wobei auf Basis von Risikotabellen und Erfahrungswerten gezielt Komponenten ausgewählt werden, die Aufgrund ihrer Materialzusammensetzung ein erhöhtes Risiko besitzen. Für die Messung ist eine Vorbereitung nötig, also eine mechanische Zerlegung in einzelne Bestandteile. So können die RoHS-Substanzen im homogenen Material nachgewiesen werden.
In den folgenden Materialien und Bauteilen findet man die RoHS-Substanzen:
- Blei: Lötzinn, Zinnschichten, Kunststoffe, Farben
- Quecksilber: Schalter, Relais, Kunststoffe
- Cadmium: Kunststoff, Kontakte, galvanische Schichten
- Chrom (VI): Passivierungsschichten, Farben
- PBB + PBDE: Flammschutzmittel in Kunststoffen
Was kann Risiko-Material sein?
Flammgeschützte Kunststoffe gehören dazu genauso wie Plastik in den Farben Rot, Orange und Gelb, da diese Cadmium enthalten können. Sechswertiges Chrom findet sich in (gelb-)passivierten verzinkten Oberflächen (Cr(VI)). Ein erhöhtes Risiko haben auch Komponenten die im „Spotmarkt“ zugekauft werden oder deren Verwendung nicht ausschließlich für IT-Produkte bestimmt ist. Als Beispiel seien hier Produktlabel genannt.
RoHS-Messungen mit Röntgenfluoreszenz
Das Prinzip der Röntgenfluoreszenz-Analyse (RFA) beruht auf der Anregung von Atomen des Probenmaterials durch primäre Röntgenstrahlung. Die durch die Fluoreszenzstrahlung angeregten Atome sondern charakteristische Emissionen ab, die aufgezeichnet und ausgewertet werden.
- Röntgenröhre: Erzeugung der Röntgenstrahlung durch Beschleunigung von Elektronen aus der Kathode zur Anode.
- Kollimator: Begrenzung des Messfleckes.
- Röntgendetektor: Messung des Fluoreszenzsignals und Umwandlung in ein Spektrum.
- Software: Auswertung des Spektrums und Berechnung der Ergebniswerte.
- Videokamera: Beobachtung der Messstelle.
Was kann das Röntgenfluoreszenzmessgerät (X-RAY) messen?
Es misst alle Elemente von der Ordnungszahl 13 wie Aluminium bis zu r92 wie Uran, jedoch immer nur das jeweilige Element, also die Atomart. In welcher chemischen Verbindung sich das Element befindet wird nicht erkannt, so dass nicht die Konzentrationen von Bromverbindungen wie PBB oder PBDE spezifiziert werden können, sondern nur die Gesamt-Brom-Konzentration. Das verbotene Chrom(VI) kann nicht quantitativ nachgewiesen werden. Liegt jedoch die gemessene Gesamt-Chromkonzentration unterhalb des Grenzwerts, ist auch der Nachweis für Chrom(VI) erbracht.
Eine korrekte homogene Probe liefert sehr gut vergleich- und reproduzierbare Ergebnisse. Bei kritischen Proben kann durch Erhöhung der Messzeit von 300 auf 600 Sekunden die Präzision des Messgerätes zusätzlich noch erhöht werden. Für jedes RoHS-Element werden Ergebnisinformationen auf Basis der Richtlinie erstellt und an den Kunden übergeben. Bei Ergebnissen, die an die Grenze der Röntgenfluoreszenz stoßen, veranlassen wir auf Kundenwunsch eine chemische Analyse. Dafür arbeiten wir mit Partnerlaboren zusammen. Die X-RAY-Messung ist schnell, preiswert und ein hervorragender Schnelltest, der ergänzende Messungen für die technische Dokumentation und CE-Erklärung jederzeit ermöglicht.
Lesen Sie dazu auch das Interview mit unserer Kollegin Birgit Kämpfle
Herausforderung RoHS II: »Der RoHS-Recast ist ein Schritt in die richtige Richtung«