Fujitsu Retail Mall

Gastbeitrag von Klaus Manz, Retail Technology

Flexibel vom SB- in den Bediener-Modus wechseln: Mit ihren hybriden Varianten zielen die Hersteller von SB-Kassen insbesondere auf Märkte, deren Kassenzonen nur begrenzten Platz bieten. Einige Handelsunternehmen testen die Technik.

NCR konnte im vergangenen Jahr ein dickes Ausrufezeichen setzen. Mit der im November angekündigten und für 2013 geplanten Installation von rund 10.000 SB-Kassen in 1.200 Walmart-Filialen zog der US-amerikanische IT-Dienstleister einen Großauftrag an Land. Ansonsten ging es weltweit eher ruhig zu im Markt für SB-Kassenlösungen. In Deutschland standen in 2012 vor allem kleinere Installationen auf dem Programm, etwa bei dem Edeka-Händler Gerd Grümmer, der seinen Markt in Boostedt bei Neumünster von dem IT-Dienstleister Micros mit vier SB-Terminals ausrüsten ließ. Oder bei dem Edeka-Händler Jan Hayunga, in dessen Elmshorner E-Center sieben SB-Stationen von NCR aufgestellt wurden.

Zurückhaltend reagiert der Handel bislang auch auf die von den Herstellern seit einiger Zeit angebotenen Hybrid-Varianten – also Terminals, die sowohl im SB-Betrieb als auch im traditionellen, von Mitarbeitern bedienten Modus funktionieren. Im E-Center von Jan Hayunga sollen, als erste Installation in Deutschland, zu den sieben reinen SB-Kassen in Kürze noch zwei dieser Hybrid-Geräte hinzukommen. Die „Selfserv Checkout Convertible“ von NCR werden in den gesicherten Lotto-Bereich des Marktes als Bezahlmodule integriert. Dadurch soll dem Andrang auf die Lottostelle an Wochenenden entgegengewirkt und Schlangenbildungen vermieden werden.

Kundenfrequenzwechsel

International hat NCR seine Hybrid-Version bisher in einem  Supermarkt des britischen Filialisten Asda eingebaut. Und hofft auf mehr.

Prinzipiell versprechen wir uns Potenziale in allen Märkten, in denen es auf eine hocheffiziente Ausnutzung des vorhandenen Platzes und eine Anpassung der Kassenkapazitäten bei dynamischem Kundenfrequenzwechsel ankommt

erklärt Hanno Kallmeyer, EMEA Store Business Consultant bei NCR. Das können laut Kallmeyer kleinere Filialen im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch Shops in Bahnhöfen oder Flughäfen sein.

Im Rahmen seines „MoveFiow“-Programms bietet auch der Ausrüster ITAB eine hybride Kassenlösung an. Im Heimatmarkt des Unternehmens, beim schwedischen Filialisten ICA, sind vier Hybrid-Terminals Installiert. ITAB berichtet, dass die Systeme bei ICA überwiegend im SB-Modus genutzt werden. Wie künftig bei Edeka Hayunga, kommen sie lediglich dann als bedienter Checkout zum Einsatz, wenn zum Beispiel Lottoscheine verkauft werden. Denn diese müssen in der Kassenlade abgelegt werden, somit wird eine Kassenkraft benötigt.

Pilotinstallationen laufen

Als Anbieter von Retail-Technologie hatte der japanische Großkonzern Fujitsu auf der EuroCIS 2013 seinen ersten großen Auftritt in Deutschland. Dabei ist Fujitsu auch im Markt für Self-Checkout-Lösungen ein Big Player. Fujitsu-SB-Systeme sind weltweit in fünfstelliger Zahl Installiert. Unter anderem bei Auchan. Carrefour, Cora, Kroger, Conad, A&P und Match. Nach eigenen Angaben liegt Fujitsu damit weltweit auf Rang zwei bei Self-Checkout-Anwendungen.

Mit „U-Reverse“ haben auch die Japaner ein hybrides Terminal im Angebot. Getestet wird es momentan bei der französischen Handelskette Auchan, in einem Markt im südfranzösischen Valence. Eine weitere Anwendung im Osten des Landes soll in diesem Frühjahr folgen. Mit Hinweis darauf, dass die Systeme erst seit Kurzem installiert sind, will Auchan noch nicht über erste Erfahrungen berichten.

Doch auch Ralf Schienke, Sales Manager Retail Deutschland bei Fujitsu Technology Solutions, geht von steigendem Interesse der Handelsbetriebe an Hybrid-Lösungen aus (siehe Interview). Auf der EuroCIS hatte Fujitsu eine großformatige, auf große Warenkörbe ausgerichtete Kassenlinie aufgebaut, die mit wenigen Handgriffen vom Bediener-in den SB-Modus umgestellt werden kann.

Laut Schienke kann Fujitsu auf der bestehenden Plattform auch kompakte Modelle herstellen, er sieht die Hybrid-Lösungen aber eher als

Ergänzung einer klassischen SB-Installation bei Großformaten.“

Vom Kompakt-Modell bis zum Großformat können die IT -Anbieter prinzipiell jede Hybrid-Variante in Zusammenarbeit mit Kassentisch-Herstellern realisieren. Fujitsu zeigte auf der EuroCIS seine „U-Reverse“ Hybridlösung für große Warenkörbe. Dagegen präsentierte NCR mit dem „SCO Express Convertible“ eine besonders kompakte Version. Neben ITAB mit dem „MoveFlow Hybrid“ haben auch die Hersteller Toshiba und Wincor Nixdorf hybride Kassenlosungen im Portfolio, die allerdings noch nicht im Praxis-Einsatz sind.

Interview

Ralf Schienke, Sales Manager Retail Deutschland bei Fujitsu Technology Solutions, über Nutzen und Einsatzmöglichkelten von Hybrid-Kassenlösungen.

Welchen Benefit verspricht eine Hybrid-Kasse?

ln niedrigfrequenten Phasen können Sie eine Menge unbesetzter Kassen beobachten, über weite Teile des Tages bleiben diese Flächen unproduktiv. Umgekehrt kommt es immer wieder zu Schlangenbildungen, die kurzfristige Kassenöffnungen notwendig machen. Flexible Checkout-Systeme wirken hier wie ein Puffer, sie erweitern die Anzahl der offenen Kassen in belebten Phasen, ohne zusätzlichen Platz oder Mitarbeiter zu erfordern.

Wie intensiv werden SB- bzw. Hybrid-Systeme genutzt?

Self-Checkout-Warenkörbe beinhalten bis zu 10 Artikel. Bei Hybridsystemen, die wie unser „U-Reverse“ auch auf Einkaufswagen hin gestaltet sind, sind es bereits bis zu 25 Artikel. In Ländern, in denen SB-Kassen schon länger etabliert sind, liegt der Anteil der Kunden, die am SCO auschecken, bei einem Drittel.

Beruht die Entwicklung der Hybridkasse auf Anregungen aus dem Handel?

Ja, Fujitsu ist stolz darauf, neue Lösungen gemeinsam mit Kunden entwickeln zu können. Das System „U-Reverse“ wurde zusammen mit einem führenden Handelsunternehmen in Frankreich entwickelt. „U-Reverse“ läuft dort im Echteinsatz in einer Pilotfiliale und dient als Ergänzung zu den dort installierten Self-Checkout-Systemen von Fujitsu.

Welche Rolle werden Hybridkassen künftig spielen?

Self-Checkout-Systeme sind ja nie ganz bedienerlos, es wird in jedem Fall ein Mitarbeiter benötigt, der Kunden zum Beispiel bei der Freigabe von Artikeln mit Altersbeschränkung oder im Fehlerfall unterstützt. Das spricht eher für den Einsatz von Self-Checkouts in Kombination mit Hybrid-Checkouts.