Jeden Tag tun wir viele Dinge, über die wir nicht großartig nachdenken. Wir kaufen ein, wir lesen ein Buch, wir fahren Auto und wir gehen arbeiten. Für Menschen ohne Handicap gehören diese Aufgaben zum Alltag, für Menschen mit Behinderung bedeuten sie eine riesige Hürde, die sich nicht immer überwinden lässt. Oft genug müssen Betroffene bereits vor der Aufgabe „Beruf“ kapitulieren. Seit 25 Jahren arbeitet Fujitsu mit der Lebenshilfe Donau-Ries eng zusammen. Menschen zu helfen, haben auch wir in unserem „Fujitsu Way“ fest verankert.
Mit den Werkstätten der Lebenshilfe Donau-Ries können Betroffene einem Beruf nachgehen und einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst verdienen. Für die Mitarbeiter der Werkstätten bedeutet das viel mehr als eine einfache Arbeit: Etwas zu tun, stärkt das Selbstvertrauen. Warum das so wichtig ist und wie der Alltag der Betroffenen aussieht, erfahren die Auszubildenden von Fujitsu mit dem Projekt „AzubiSozial 2016“ im wahrsten Sinne des Wortes hautnah. Kommen Sie doch einfach mit.
Eine Woche lang besuchten die Auszubildenden die Werkstätten der Lebenshilfe Donau-Ries, führten viele Gespräche, legten selbst Hand an und lernten die einzelnen Abteilungen und ihre Mitarbeiter kennen. Daraus entstand ein beeindruckendes „Tagebuch“, welches eine ebenso beeindruckende Geschichte erzählt. Über Menschen, für die manche Selbstverständlichkeit eben nicht selbstverständlich ist. Wir nehmen Sie jetzt mit auf die Reise. Begleiten Sie unsere Auszubildenden nach Nördlingen – mit einem ganz besonderen Reisebericht:
Montag: „dank dieser Einrichtung können sie ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeiten stärken“
Nach der Ankunft am Bahnhof Nördlingen wurden wir von Christian Richter – der uns durch das Projekt als Ansprechpartner und Organisator begleitet – abgeholt. Anschließend ging es mit dem Bus zum Hotel und dann in die Werkstatt. Dort angekommen erklärte uns der Standortleiter die Geschichte und die Details der Werkstätten. In insgesamt sieben unterschiedlichen Arbeitsbereichen beschäftigt die Lebenshilfe Donau-Ries Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Mitarbeiter sind aufgrund ihrer geistig-psychischen Beeinträchtigungen nicht voll belastbar oder auf Hilfe angewiesen. Dank dieser Einrichtung können sie aber trotzdem einer geregelten Tätigkeit nachgehen und ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeiten stärken.
Dienstag: basteln mit „Käsestückchen“ und ein Teller voller guter Gespräche
Tag zwei des Sozialen Projekts begann mit der Abfahrt am Hotel zu den Werkstätten der Lebenshilfe. Nach der Ankunft arbeiteten wir in den Gruppen und trafen uns im Schulungsraum, um das „Angelprojekt“ zu planen. Die Aufgabe lautete „basteln“. Uns standen bereits zugeschnittene Bretter, zwei Kisten und eine Vielzahl von „Käsestückchen“ zur Verfügung. Wir durften mit zwei behinderten Menschen das Holz bohren, entgraden und schleifen sowie die fertigen Stücke zusammenschrauben. Beim gemeinsamen Mittagessen konnten wir uns gut mit den Mitarbeitern austauschen. Noch bis 16.00 Uhr arbeiteten wir an unserem Projekt, ganz fertigstellen konnten wir es leider nicht. Dazu fehlte uns die Zeit.
Mittwoch: ein Tag im Wohnheim der Mitarbeiter
Am Mittwoch besuchten wir nach unserem Einsatz in den Werkstätten das Behindertenwohnheim. Wir mussten es erst einmal suchen, es sah genauso aus wie die anderen Häuser. Wir wurden freudig erwartet und nahmen im Wohnzimmer Platz. Der Betreuer erzählte uns, wie der Tag in einem Wohnheim abläuft, wie die Bewohner kochen, essen, putzen und sich ausruhen. Wir klärten offene Fragen und im Anschluss erhielten wir noch eine Führung und unterhielten uns über die Vor- und Nachteile eines Wohnheimes.
Donnerstag: es geht nicht um Produktivität, sondern um einen geregelten, sinnvollen Tagesablauf
Am Donnerstag haben wir uns in der Frühe erst zu einer Feedbackrunde getroffen. Hierbei wurde der Wunsch deutlich, ein bisschen in den Fördergruppen (Gruppen für Extremfälle) mitzuarbeiten. Kurzerhand teilte man uns in Zweiergruppen auf und wies uns bestimmte Bereiche zu. Erstaunlich war, dass selbst hier die Leute „arbeiten“. Unser Betreuer erklärte uns, dass es hier jedoch weniger um Produktivität gehe, sondern darum, den Behinderten einen geregelten, sinnvollen Tagesablauf zu ermöglichen. Danach arbeiteten wir wieder in unseren ursprünglichen Werkstattgruppen.
Am Nachmittag fuhren wir in die Stadt und besuchten das Café Samoka, eine Außenstelle der Lebenshilfe. Hier arbeiten nur ehemalige Mitarbeiter der Werkstätten. Umso erstaunlicher, wie gut uns ein Angestellter erklären konnte, woher der Kaffee kam und wie er zubereitet wird. Danach durften wir uns noch auf eine Führung vom Chef des Cafés zuerst durch das Samoka und danach durch die ganze Stadt freuen. Wir bestiegen den „Daniel“ und besichtigten die Stadtmauer, die rund um die Altstadt von Nördlingen erhalten geblieben ist.
Freitag: „allein das Gefühl, gebraucht zu werden, erfüllt sie mit voller Freude“
Nach dem gemeinsamen Frühstück wurden wir abgeholt und fuhren in eine weitere Behindertenwerkstätte. Dort angekommen wurden wir schon freudig erwartet und nahmen in einem Besprechungsraum Platz. Bald kamen auch Barbara Hyna, die lokale Ausbildungskoordinatorin in Augsburg, und der Chef der Donau-Ries Werkstätten. Jeder Azubi erzählte seine Erfahrungen und die Runde diskutierte darüber. Dabei entstand ein sehr positives Resümee, über das sich auch der Chef sehr freute. Nach der Besprechung erhielten wir noch eine Führung durch die Werkstätte. Wir bekamen Einblicke in die Abteilungen wie Metallverarbeitung, Holzverarbeitung und die Lagerhalle. Je nach Behinderungsgrad werden die Leute eingeschätzt und bestimmten Tätigkeiten zugeordnet. Außerdem achten die Mitarbeiter der Lebenshilfe darauf, dass sich die Mitarbeiter, welche zusammen ein Produkt fertigen, auch gut verstehen, damit ein gutes Arbeitsklima entsteht.
Die Werkstätte stellt Produkte für verschiedenste Firmen her wie zum Beispiel Bremsscheiben für Audi oder Bohrfutter für Bosch. Die Mitarbeiter haben Spaß an der Arbeit und das sieht man ihnen auch an. Allein das Gefühl, gebraucht zu werden, erfüllt sie mit voller Freude. Im Prinzip ist die Einrichtung im Vergleich zu der ersten Werkstätte komplett gleich. Sie unterscheiden sich jedoch in der Größe und an der Art der Behinderung der Mitarbeiter. Die Angestellten hier haben eine nicht so ausgeprägte Behinderung und sind daher fitter, um komplexere Aufgaben zu meistern.
Nach der Führung gab es noch ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine. Wir beredeten nichts mehr groß, alle waren erschöpft von der Woche.
Unsere Auszubildenden verließen Nördlingen mit wertvollen Erfahrungen im Gepäck, die sich mit Worten nicht ersetzen lassen. Wir sagen an dieser Stelle danke für ein besonderes „Tagebuch“ und tauchen im 2. Teil noch einmal in die einzelnen Abteilungen der Werkstätten ein. Die gute Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Donau-Ries bestätigt unsere Vision einmal mehr: im Mittelpunkt steht der Mensch und wir geben unseren Auszubildenden die Chance, durch eigene Erfahrungen die Hürden und Barrieren der Mitarbeiter kennen zu lernen. Für diese Menschen bedeutet ein geregelter Alltag mehr – denn er ist eben keine Selbstverständlichkeit. Eben mal ein Buch lesen, Auto fahren, zur Arbeit gehen, sich etwas kochen, eine Perspektive und eine Chance im Leben erhalten – dafür setzen wir uns gemeinsam ein.