Kennen Sie IOTA und Foginfrastrukturen? Die Digitalisierung verändert unsere Industrie rasend schnell. Die großen Industriemessen zeigen, wie dynamisch sich der Sektor durch neue Technologien weiterentwickelt. Mit der Hannover Messe Industrie findet vom 23. bis 27. April 2018 die größte Industriemesse der Welt statt. Wir haben unseren Industrie 4.0 Evangelisten & Fujitsu Distinguished Engineer Walter Graf nach den spannendsten Trends auf der HMI 2018 gefragt.
Walter, bald startet mit der Hannover Messe Industrie 2018 die größte Industriemesse der Welt. Was sind aktuell die wichtigsten Themen für die internationale Industrie?
Nicht umsonst ist Integrated Industry – Connect & Collaborate das Leitthema der diesjährigen Messe. Es geht also darum, die bereits existierenden digitalen Oasen zu vergrößern und effektiv miteinander zu verbinden und die Wüstengebiete dazwischen systematisch zu bewässern.
Für die Fertigungsindustrie im Umfeld von Industrie 4.0 betrifft das mehr denn je nicht nur die Fertigung im Werk selbst, sondern auch die Vernetzung mit anderen Bereichen wie beispielsweise Zulieferern. Am wichtigsten ist aber die Vernetzung mit den Kunden. Denn eine wesentliche Mehrwerterwartung von Industrie 4.0 spielt sich im Bereich des Endkundenerlebnisses ab, zum Beispiel im Sinne von maximal individualisierter Produktion bis zur Losgröße eins.
Auch die Anreicherung mit Services und digitalen Informationen während des Lebenszyklus, zum Beispiel im Umfeld Predictive Maintenance, wird immer wichtiger.
Was sind für Dich die interessantesten Neuerungen im Bereich Industrie 4.0?
Das ist allerdings eine Frage, die man angesichts der Vielfalt der Themen nicht wirklich vollständig beantworten kann. Wenn wir aber nochmal einen Blick auf das Leitthema der Messe, also Integrated Industry – Connect & Collaborate werfen und uns das vor dem Hintergrund starker oder disruptiver Veränderungen anschauen, dann erscheint mir das Thema IOTA in den Kreis der interessantesten Neuerungen mit dem größten Veränderungspotential zu fallen. An unserem Fujitsu Stand auf der Hannover Messe Industrie zeigen wir deshalb auch eine Live-Demo der IOTA-Technologie.
Was ist denn IOTA überhaupt?
Bei IOTA steht die fälschungssichere Dokumentation von Transaktionen im Vordergrund, wie wir sie in unserem Messeshowcase konkret anhand eines kombinierten Audit Trails zweier Firmen demonstrieren.
Im Kern ist IOTA eine Distributed Ledger-Technologie, also ein verteiltes Wirtschaftsbuch, in dem Vorgänge fälschungssicher dokumentiert werden. Bei vielen tauchen damit sofort Assoziationen zu Themen wie Blockchain oder Kryptowährungen auf, mit denen man hier allerdings sehr vorsichtig sein sollte. Zum einen ist eine Kryptowährung lediglich ein Anwendungsfall von vielen und ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, dass wir mit unserem Audit Trail-Showcase bei der Messe etwas anderes zeigen. Zum anderen ist IOTA eine technologische Alternative zu Blockchain, die speziell für den Einsatz in IoT-Szenarien optimiert wurde.
Hervorzuheben wäre noch der Aspekt, dass wir in dem Showcase einen verteilten Audit Trail über zwei Firmen zeigen, in dem IOTA seine besonderen Stärken gegenüber einer klassischen Datenbankimplementierung zeigen kann. Im Gegensatz zu einer Datenbank ist die Fälschungssicherheit bereits Bestandteil von IOTA und das verteilte Wirtschaftsbuch ist nicht mehr an eine Institution gebunden und kann auch lange Lebenszyklen der Daten hervorragend bedienen. Gegenüber einer Blockchain-Implementierung fällt insbesondere die Skalierungs- und Realtimefähigkeit ohne Transaktionskosten auf.
Das macht uns neugierig auf die Messe! Fujitsu ist mit einem 285 m² großen Stand auf der Hannover Messe Industrie vertreten. Welche Highlights erwarten die Besucher dort im Bereich Industrie 4.0 und Digital Manufacturing noch?
Das zentrale Highlight unseres Auftritts zum Thema Industrie 4.0 ist die konkrete Umsetzung des Integrated Industry – Connect & Collaborate Leitthemas und besteht aus zwei voneinander unabhängigen Fertigungsstraßen, die die Produktion zweier Firmen repräsentieren.
Wir zeigen an diesem Beispiel konkret, wie Daten aus Maschinenumgebungen extrahiert, aufbereitet, visualisiert und für die Weiterverwendung in einer Analyseplattform kanalisiert werden. Zusätzlich zeigen wir, wie man komplexere Aufgaben direkt in der Nähe der Produktionslinien wahrnehmen kann. Dabei kommen unter anderem eine Fujitsu Foginfrastruktur und das Intelligent Dashboard aus dem COLMINA Framework zum Einsatz.
Neben diesen heute schon produktionsreifen Anwendungen wagen wir uns aber auch an neue Themen, wie eben IOTA. Wir haben in unseren Showcases exemplarisch einen Trusted Audit Trail integriert, der sich über zwei Firmen erstreckt und in dem die IOTA-Technologie live zum Einsatz kommt und ihre Stärke unter Beweis stellt.
Kommen wir nochmal auf die Funktionen im Industrie 4.0 Showcase zurück. Was ist denn in diesem Zusammenhang eine Foginfrastruktur?
Aufgrund von Near-Realtime- und Sicherheitsanforderungen müssen Daten durch eine IT-Schicht gelesen und verarbeitet werden, die sich in direkter Nähe der Maschinen befindet. Das gleiche gilt auch für bestimmte Steuerungsszenarien. Hierbei verwendet man interessanterweise Architekturelemente, wie wir sie heute in Cloudimplementierungen verwenden. Dadurch entsteht die Assoziation eines Nebels (fog), also einer tief liegenden Wolke (cloud). In unserem Showcase haben wir eine Foginfrastruktur auf unserer Edge Appliance INTELLIEDGE implementiert. Dort zeigen wir, wie man in direkter Nähe zur Produktion auch komplexere Aufgaben jenseits des reinen Datensammelns wahrnehmen kann. Da geht es um Themen wie Datenaufbereitung, also filtern, komprimieren und anonymisieren, aber auch Vor-Ort-Analysen, also die Umsetzung von KI-Algorithmen und Alerting. Natürlich spielt dabei auch die Umsetzung von Securitykonzepten eine wichtige Rolle.
Du erwähntest in Deinem Showcase den Begriff COLMINA. Was ist COLMINA?
COLMINA ist der Name eines Frameworks für die Fertigungsindustrie. Ein erstes Element davon ist das sogenannte Intelligent Dashboard, mit dem wir in der Lage sind, alle Fertigungsstätten einer Firma weltweit in einem hierarchischen Modell darzustellen. Die Darstellung startet mit dem High-Level-Manager Blick von oben auf die gesamte Firma weltweit und erlaubt es, bis auf die Ebene einzelner Fertigungsstationen einer Firma abzutauchen und deren Zustand zu beobachten und entsprechend zu handeln.
Welche Highlights gibt es außer dem zentralen Industrie 4.0 Showcase noch auf dem Fujitsu Messestand?
Wir zeigen zum Beispiel, wie man künstliche Intelligenz im Umfeld der Materialprüfung einsetzen kann – über Non Destructive Testing. An einem weiteren Beispiel können die Besucher sehen, wie man einen Mitarbeiter mit Hilfe eines Head Mounted Displays (HMD) bei der Arbeit unterstützen kann.
Außerdem zeigen wir in einem sogenannten Over The Air Reprogramming-Showcase, wie man neue Funktionen aus der Entfernung in Endgeräten installiert, die sich in Nicht-IT-Umgebungen bewegen. Damit gehen wir schon über die Fertigung hinaus, was aber wichtig ist, da man mit Industrie 4.0 als Ergebnis aller Bemühungen vor Allem das Kundenerlebnis verbessern will.
Zu guter Letzt möchte ich noch auf ein Nicht-Industrie-4.0-Thema aufmerksam machen: Wir wenden unsere KI-Technologien nämlich auch im Umfeld Smart Transportation und Smart City an. Dort können wir mittels KI beispielsweise bewegte Bilder analysieren, was wiederum auch in der Fertigungsindustrie von Nutzen ist. In der Fertigungsindustrie ist das Thema Streaming Analytics zum Beispiel bei der Überwachung und Qualitätskontrolle von Produkten entlang der Fertigungsstraßen interessant.
Worauf freust Du Dich bei der HMI am meisten?
Auf konstruktive Gespräche, denn wenn ich eines in der Zwischenzeit gelernt habe, dann dass Industrie 4.0 auch der Abgesang auf die Vorstellung ist, man könne alle wesentlichen Themen auch alleine stemmen. Gerade der Zusammenschluss von bisher eher isolierten und über Jahrzehnte gewachsenen Domänen aus der Fertigung und der IT kann nur durch Zusammenarbeit innerhalb aber vor allem auch außerhalb der Firmen mit Partnern, Zulieferern und Kunden gelingen.
Vielen Dank für das Interview, Walter!
Wenn Sie jetzt neugierig auf die HMI geworden sind, können Sie auf unserer HMI Website kostenlos Ihr Ticket zur größten Industriemesse der Welt anfordern.
Falls Sie nicht bei der HMI dabei sein können, finden Sie in unserem Industrie 4.0 Competence Center kompetente Ansprechpartner mit ausgewiesenem Fertigungs-Know-how für Ihren persönlichen Weg zur Smart Factory. Hier bündelt sich unsere jahrelange Erfahrung und Expertise aus der globalen Fujitsu Forschung und Entwicklung in den IT-Disziplinen, wie Service-, Netzwerk- und Business Application Management. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen über die Chancen der Digitalisierung für Ihren Erfolg zu sprechen!