Wer in Deutschland ein Kind bekommt, hat oft Angst vor dem Karriereknick. So ging es auch mir. Trotz aller Freude habe ich mir Sorgen um meine berufliche Zukunft gemacht: Werde ich nur noch Aufgaben bekommen, für die ich überqualifiziert bin? Werden mein Chef und meine Kollegen mir noch Verantwortung übertragen, auch wenn ich weniger flexibel bin, als früher? Werde ich Familie und Beruf überhaupt unter einen Hut bekommen? Ob meine Ängste berechtigt waren und wie mein Chef auf unseren Familienzuwachs reagiert hat, verrate ich Ihnen hier.
März 2014: Die Beichte
Selten bin ich in den vergangenen Jahren mit so einem mulmigen Gefühl in die Geschäftsstelle Düsseldorf gefahren. Verwirrend viele Fragen schwirren durch meinen Kopf – ein absolutes Chaos. Wie geht es jetzt für mich weiter? Gerade habe ich mich fest in meiner Position als Vertriebsmitarbeiter etabliert und betreue einen wichtigen Kunden im CCD-Bereich.
Ich arbeite Vollzeit, bin geschäftlich viel unterwegs und kann nie genau abschätzen, wann ich wo bei Kunden und Meetings bin. Ich kann mir keinen anderen Job vorstellen, noch dazu habe ich einen Chef, der mich immer und überall unterstützt und mir meine Freiheiten lässt, Entscheidungen selbständig zu treffen.
Wie wird das in Zukunft sein? Kann ich weiter bei FTS arbeiten? Auch im Vertrieb? Was ist mit meinen Kunden? Fragen über Fragen… Es ist so weit: Knuth sitzt vor mir. Ich „beichte“: Ich bin schwanger. Die Reaktion: Völlig unerwartet – pure Freude, Beglückwünschung, festes Drücken.
Für mich als Führungskraft kam direkt durch, dass Janine Angst hatte und sich bei dem Gespräch merklich unwohl gefühlt hat. Das ist sicherlich verständlich, da es bei einem solchen Thema immer und abrupt um das Privatleben geht. Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Dann folgen auf mein Drängen hin direkt die wichtigen Themen: Wie geht es jetzt weiter? Was ist mit meiner Position, meinen Kunden? Kann ich Elternzeit nehmen und wenn ja, wie lange?
Man hätte fast sagen können, dass Janine das damals als „Schwäche“ empfunden hat und Angst hatte, dass sie sich auf das Abstellgleis stellt.Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Knuth fragt ganz offen: Was wünsche ich mir? ICH? Was wünsche ICH mir? Nach so vielen unschönen Geschichten in meinem Freundeskreis läuft dieses Gespräch ganz anders! Ich bin unendlich erleichtert.
Ich hoffe ich habe Janine damals direkt die Angst genommen und habe ihr gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen soll und wir alles gemeinsam in den Einklang bekommen. Sie soll so viel Auszeit nehmen wie sie möchte und sie kann jederzeit ganz flexibel entscheiden, wann sie zurückkommen möchte und wie viele Stunden sie dann arbeiten möchte und selbstverständlich stellen wir Janine nicht auf das Abstellgleis.Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Meine Kollegen freuen sich ebenfalls sehr. Ich glaube, mit dieser Nachricht hat wohl niemand gerechnet 😉 Aber die Frage nach meinen Accounts und wie es weitergehen soll ist permanent präsent. Insgeheim ist mir damals schon klar gewesen, dass ich meinen größten Account abgeben muss.
Dieses Gespräch im März 2014 – das erste von vielen, in denen wir meine berufliche Zukunft bei FTS besprochen haben – ist fest in meiner Erinnerung verankert. Es hat mir die Angst vor der Zukunft genommen: Die Angst, auf dem „Abstellgleis“ zu landen, weil man nicht mehr so flexibel wie die Kollegen und deutlich weniger präsent ist.
Der Plan
Die folgenden Monate vergehen wie im Flug. Bevor ich in den Mutterschutz gehe, besprechen wir alle Details. Ich bleibe 12 Monate zu Hause und komme dann, auf meinen Wunsch hin, in Teilzeit mit 25 Stunden pro Woche zurück. Die Stundenzahl kann ich ohne Probleme, sowohl nach oben, als auch nach unten, anpassen. Erst einmal schauen, wie alles so läuft und wie ich Beruf und Familie unter einen Hut bekomme.
Die finale Entscheidung für eine Wochenarbeitszeit fiel mir anfangs schwer. Auf der einen Seite wollte ich Pauline, gerade mal 11 Monate alt, nicht länger in der Kita lassen, als nötig. Auf der anderen Seite war mir aber auch wichtig, nicht als Mami mit einer so geringen Stundenanzahl zurückzukommen, dass ich nicht mehr in den aktiven Vertrieb zurück kann und ich dann mehrere Schritte in meiner Entwicklung zurückmache.
Natürlich war auch der finanzielle Aspekt wichtig. Wir leben in der Düsseldorfer Innenstadt, mein Gehalt ist fest in die Finanzplanung eingeplant und kann nicht wegfallen.
Aus meinem Kundenstamm suche ich mir die heraus, die ich gerne weiter persönlich betreuen möchte. Meinen größten Kunden muss ich leider abgeben, für mich allerdings auch verständlich. Diese Aufgabe wäre in Teilzeit nicht zu bewältigen gewesen. Daran musste ich einige Zeit knabbern, aber diese Entscheidung habe ich für meine kleine Familie getroffen.
Als Janine zurückgekommen ist, ist sie in den gleichen Job als Account Managerin wieder eingestiegen. Da Janine weniger Stunden arbeiten wollte, haben wir einfach die Kundenanzahl und die Stundenanzahl versucht anzupassen. Insbesondere haben wir auch versucht, überwiegend regionalere Kunden zu selektieren. Das ist uns nicht ganz gelungen. Das lag aber auch an Janines Wunsch, die genau wusste, welche Kunden sie gerne wieder machen wollen würde.
Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Oktober 2015: Die Rückkehr
Ich bin zurück. Und wie ich mich freue! Es beginnt eine ganz weiche Eingewöhnung an der Seite eines erfahrenen Kollegen. Ohne Druck und in meinem Tempo. Die erste Zeit war anstrengend und alles fühlte sich neu an. Ein Jahr in der IT fühlt sich ein bisschen an wie eine Ewigkeit.
Jeden Tag bin ich um spätestens 17:00 Uhr in der Kita, um meine Tochter abzuholen. Termine und Telkos werden auf meinen Wunsch hin möglichst bis 16:00 Uhr gelegt. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Mal bin ich über Nacht in anderen Städten, mal auch bis abends in der Geschäftsstelle oder bei Kunden. Bei großen Ausschreibungen gelten einfach andere „Zeit-Gesetze“. Da wir in Düsseldorf keine familiäre Unterstützung haben, Oma und Opa wohnen 200 und 400 Kilometer weit weg, haben wir uns für eine Ganztagskita entschieden, die von 7:30 Uhr bis 19:30 Uhr geöffnet hat. Dieses war mir wichtig, damit ich auch mal Kundentermine am Nachmittag wahrnehmen kann und bei einem möglichen Stau nicht ins Schleudern gerade und Angst haben muss, dass mein Kind ab 15:00 Uhr auf der Straße steht.
Da mein Mann Lars geschäftlich noch mehr unterwegs ist als ich, und oft mehrere Tage am Stück in anderen Ländern ist, brauche ich dieses „Back-Up“ einer Kita, der ich vertraue und die Pauline so betreuen kann, wie ich es brauche. Das lässt sich alles mit ein bisschen Vorlauf gut planen – die Spontanität leidet an der ein oder anderen Stelle ein wenig, damit muss ich mich erst noch anfreunden. Einen guten Draht beim Kunden entwickelt man aber nicht, indem man ständig in Terminen sitzt – der persönliche Draht, auch mal „nur“ per Telefon, ist genauso wichtig.
April 2018: Fazit
2,5 Jahre sind seitdem vergangen und ich habe meine Entscheidung nie bereut. Die 5 Stunden pro Tag vergehen oft wie im Flug – gerade, wenn ich Ausschreibungen bearbeitet oder mich an einem Thema bei Kunden festgebissen habe. Die 25 Stunden pro Woche sind oft schon am Donnerstag voll. Freitag ist daher mein flexibler Homeoffice Tag, an dem ich nur die dringendsten Themen anfasse, die keinen Aufschub erlauben.
Nachdem Janine die ersten 6 Wochen wieder gearbeitet hat, habe ich sie mir mal zur Seite genommen und gefragt, ob alles ok ist, die Stundenanzahl passt oder ob wir diese mit weniger oder mehr Stunden anpassen sollen. Damals hat sie mir gesagt, dass alles passt und für mich war das Thema damit ok. Ich kann mich noch erinnern, dass Janine mir damals eine Mail im Nachgang geschickt hat und sie sich bedankt hat, dass ich proaktiv noch mal auf sie zugegangen bin und mich erkundigt habe, ob die Stundenanzahl passt und ob die Eingewöhnung bei Ihrer Tochter funktioniert hat.
Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Die Entscheidung, wieder Vollzeit zu arbeiten, habe ich noch etwas aufgeschoben. Das jetzige kleine „Überstundenpolster“ gibt mir eine gewisse Sicherheit, auch mal ausfallen zu können, wenn das anfällige Ökosystem „Familie“ durch Krankheit aus den Fugen gerät. Besonders dann bin ich froh über einen verständnisvollen Arbeitgeber und gute Kollegen, die mich unterstützen und anfallende Arbeiten unbürokratisch auffangen können.
Aktuell hat Janine noch immer einen 25-Stunden-Vertrag und ich habe ehrlich gesagt ein schlechtes Gewissen. In der Realität arbeitet Janine deutlich mehr als die 25 Stunden. Ich habe Janine darauf auch mal angesprochen und gefragt, ob wir die Stundenanzahl wieder erhöhen sollen. Ihre Antwort war damals nein. Sie fühlt sich damit flexibler und sicherer, falls mal was mit Ihrer Tochter ist.
Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Natürlich kratzt es auch manchmal an meinem Ego, nicht mehr die großen und repräsentativen Kunden betreuen zu können. Gerade mit Hinblick auf die Zukunft macht mir das manchmal Sorgen. Ich bin mir aber sicher, dass wir auch das gemeinsam stemmen werden und ich meinen Weg bei Fujitsu weiter erfolgreich gehen werde.
Meine persönliche Erfahrung: Es ist toll, dass wir Janine weiter bei uns im Team haben und sie leistet wirklich einen tollen Job. Ich kann wirklich nur jeder Führungskraft empfehlen, den Weg aktiv zu begleiten und einer werdenden beziehungsweise jungen Mutter aktiv Brücken zu bauen. Es gibt keine besseren, loyaleren und dankbareren Mitarbeiter.
Knuth Molzen, Senior Director Client Computing Devices Central Europe
Ich freue mich auf die Zeit und die Herausforderungen, die noch vor mir liegen. Mit Einsatz, Leistungsbereitschaft, gutem Organisationstalent und einem Chef, der mit Rat und Tat zur Seite steht und immer ein offenes Ohr hat, lässt sich auch der aktive Vertrieb hervorragend mit Familie vereinbaren. Und wenn es einmal hakt, dann muss man offen sprechen und eine Lösung finden.
Fazit: Für mich war der Wiedereinstieg bei FUJITSU genau der richtige Weg und ich möchte allen zukünftigen Müttern Mut machen, den gleichen Weg zu gehen – es wird alles gut!