Seitdem sich das Corona-Virus im Frühjahr 2020 in Deutschland ausgebreitet hat, wurde unser aller Alltag ordentlich auf den Kopf gestellt. Auch Schulen, Schüler*innen und Lehrkräfte sehen sich großen Herausforderungen gegenüber. Bereits während der ersten pandemiebedingten Schulschließungen wurde deutlich, dass es oft an der notwendigen digitalen Ausstattung für erfolgreichen Fernunterricht mangelt – sowohl für Schüler*innen als auch für Lehrkräfte. Von der Bundesregierung initiierte Sofortausstattungsprogramme sollten helfen, dieses Problem zu lösen.
Wenn wir einen Blick auf die aktuelle Lage und die erneuten Schulschließungen werfen, wird klar: Die Umsetzung und somit die Qualität des Fernunterrichts fällt nach wie vor sehr unterschiedlich aus. Während die einen Schüler*innen über Video-Konferenzen und Plattformen wie Securon unterrichtet werden, erhalten andere auch jetzt noch ihre Aufgaben und Arbeitsmaterialien per E-Mail oder gar per Post. Es zeigt sich: Deutschlands Schulen sind von einem flächendeckend gleichwertigen, digitalen Unterricht noch weit entfernt. Aber wie sieht die Lage nun eigentlich genau aus?
Befragung von 100 Schulträger*innen bundesweit
Gemeinsam mit unserem Partner REDNET sind wir dieser Frage in einer Studie nachgegangen. (Link leider nicht mehr verfügbar) Die REDNET AG ist einer der führenden IT-Ausstatter für Behörden und Bildungseinrichtungen und somit eng mit dem Thema verbunden.
Für die Studie wurden von August bis Oktober 2020 insgesamt 100 Schulträger*innen bundesweit durch Krämer Marktforschung zum aktuellen Stand der Digitalisierung an deutschen Schulen befragt. Zielgruppe waren die für die IT-Ausstattung und Planung verantwortlichen Fachbereichsleiter*innen in den Schulabteilungen. Im Fokus standen Fragen wie „Helfen die staatlichen Gelder?“, „Wie ist der Stand der IT-Ausstattung an unseren Schulen?“ und „Welche Erfahrungen hatten Sie im ersten Lockdown bezüglich des Fernunterrichts?“.
Die wichtigsten Ergebnisse fassen wir heute für Sie in diesem Beitrag zusammen. Deutlich geworden ist vor allem eins: Die größten Herausforderungen für den Fernunterricht sind die unzureichende Bereitstellung von Geräten und die fehlenden IT-Kompetenzen der Lehrkräfte. Zudem wird dringend Personal zur professionellen Verwaltung und qualifizierten Nutzung der Geräte benötigt. Es besteht demnach weiterhin ein großer Förderungsbedarf für die digitale Ausstattung von Schulen.
Die Ausstattung mit Endgeräten geht nur langsam voran
Aus Sicht von fast zwei Dritteln der Schulträger*innen ist die mangelnde Verfügbarkeit digitaler Geräte bei den Schüler*innen zu Hause eines der größten Probleme für den Fernunterricht in der Corona-Krise. Zum Zeitpunkt der Befragung konnten gerade einmal 14 Prozent der Schüler*innen von ihrer Schule ein Endgerät erhalten, um am Fernunterricht teilzunehmen.
Auch in den Schulen selbst sieht es nicht viel besser aus. Nur 44 Prozent der Schulträger*innen beschreiben die IT-Ausstattung an ihren Schulen als gut. Sieben Prozent der Befragten stuften die technische Ausstattung sogar als schlecht ein. Es besteht also nach wie vor ein großer Bedarf, die vorhandene Technik zu ergänzen.
Warum dies bisher nur schleppend vorangeht, hat vielfältige Gründe. Oftmals stehen nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung oder die Beantragung dieser ist komplex und langwierig. Zwar hat die Bundesregierung den Ländern schon kurz nach den Schulschließungen im Frühjahr letzten Jahres 500 Millionen Euro als Zusatz zum DigitalPakt bereitgestellt. Und auch fast alle Schulträger*innen, so die Ergebnisse unserer Befragung, planten eine Nutzung der Mittel aus diesem Förderprogramm. Umgesetzt wurde dieser Plan jedoch erst von gut der Hälfte der Befragten.
IT-Ausstattung auch für Lehrkräfte
Bei vielen Diskussionen zur mangelnden Versorgung mit Hardware lag der Fokus bisher deutlich bei den Schüler*innen. Das ist verständlich, da es sich hier um die größte Gruppe an Betroffenen handelt. Doch für erfolgreichen Fernunterricht ist es ebenso essentiell, die Lehrkräfte mit der passenden Technologie auszustatten.
Die Studienergebnisse zeigen in diesem Bereich ebenfalls einen deutlichen Mangel. Fast die Hälfte der Schulträger*innen (48 Prozent) sehen die technische Ausstattung der Lehrkräfte als eine der größten Herausforderungen – nur leicht hinter den nicht verfügbaren Geräten im Schüler*innenhaushalt (59 Prozent). Daher sind mehr als 80 Prozent der Schulträger*innen in Deutschland der Auffassung, dass die im Rahmen des DigitalPakts Schule bereitgestellten Mittel auch für die dienstliche Hardware der Lehrkräfte verwendet werden sollten. Gelder hierfür sind in vielen Fällen auch bereits angefordert.
Diese Notwendigkeit hat auch die Politik erkannt: Eine entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung sieht weitere 500 Millionen Euro an Bundesgeldern vor, um Lehrkräfte mit mobilen Dienstgeräten wie Notebooks auszurüsten. Allerdings verzögert sich die Umsetzung dieser bereits im August 2020 angeschobenen Ergänzung zum DigitalPakt derzeit – vermutlich noch bis weit in dieses Jahr hinein.
Ein weiteres Problem: die Kompetenzen der Lehrkräfte
Die von Fujitsu und REDNET gemeinsam durchgeführte Studie zeigt weiterhin, dass nicht nur die fehlende Ausstattung mit Hardware ein Problem darstellt. Eine ebenso große Herausforderung ist die oftmals mangelnde IT-Kompetenz der Lehrkräfte. Studium und Fortbildungen haben bisher nur unzureichend auf den technologischen Wandel im Schulumfeld vorbereitet. So gaben in der Studie 63 Prozent der Schulträger*innen an, dass Lehrkräften das Know-how für die Anwendung von Software für digitales Lernen und Videokonferenzen fehlt. Von heute auf morgen wurde der Unterricht in ein fremdes, digitales Klassenzimmer verlegt – ohne dass die Lehrkräfte auf diese andere Art des Unterrichtens vorbereitet waren.
Neben der Handhabung der Technologie spielen auch die veränderten Anforderungen an die Kommunikation eine große Rolle. Diese wird noch essentieller, als sie es im Präsenzunterricht bereits ist. So erachten es mehr als drei Viertel der Befragten für sehr wichtig oder als ganz entscheidend, die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schüler*innen sicherzustellen. Außerdem sei es notwendig, organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, um Lerninhalte unkompliziert digital auszutauschen. Dies hielten zwei Drittel der befragten Schulträger*innen für ebenfalls ganz entscheidend oder sehr wichtig.
Mit den Erfahrungen aus den bisherigen Schulschließungen wird deutlich: pädagogische und technische Fortbildungen für Lehrkräfte sind unumgänglich. Nur so können sie den neuen Anforderungen gerecht werden und den digitalen Unterricht sowohl im Fernunterricht als auch im Klassenzimmer sinnvoll gestalten.
Betrieb und Wartung erfordert Fachkräfte
Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der Studie deutlich wird, ist die Bedeutung der professionellen Betreuung der Infrastrukturen. Zwar ist es möglich, die Lehrkräfte zu schulen und alle Beteiligten mit Hardware auszustatten – doch wenn vormittags um 10 Uhr der Server hängt oder das Programm für die Video-Konferenz schadhaft ist, kann ebenfalls kein Fernunterricht stattfinden.
Dabei müssen der Betrieb und auch die Wartung der Systeme und Netzwerke von einer qualifizierten Person übernommen werden und nicht „nebenbei in der Frühstückspause“ erfolgen. Vom Bund wird mittlerweile auch für diesen Baustein für erfolgreichen Fernunterricht Geld zur Verfügung gestellt. Im Rahmen einer weiteren Zusatzvereinbarung zum DigitalPakt Schule können Schulträger*innen 500 Millionen Euro zusätzlich für die Administration der IT an Schulen und die professionelle Betreuung beantragen.
Diese aktuelle Hilfe des Bundes ist hochwillkommen: 91 Prozent der Schulträger*innen sind voll und ganz der Auffassung, dass Bund und Länder auch die Kosten für Betrieb und Wartung der schuleigenen IT übernehmen müssen. Von den Geldern sollen Administratoren finanziert werden, die sich in den Schulen um den reibungslosen Betrieb der digitalen Technik kümmern.
Ein positiver Blick in die Zukunft
Auch wenn die Studie an vielen Punkten ernüchternde Einblicke in die aktuelle Situation gibt: der eingeschlagene Weg ist vielversprechend. Schulen, Schulträger*innen und Politik haben die Notwendigkeit erkannt, mit der passenden IT-Ausstattung und pädagogischen sowie technologischen Kompetenzen eine solide Grundlage für erfolgreichen digitalen Unterricht zu schaffen. Davon profitiert nicht nur der aktuell notwendige Fernunterricht, sondern auf lange Sicht die gesamte Wissensvermittlung in der Schule.
Nach wie vor gibt es viel zu tun. Doch 86 Prozent der Schulträger*innen sprechen eindeutig von einem riesigen Digitalisierungsschub für die Schulen durch die Corona-Krise. Zudem hätten, so die Befragten, bereits mehr als vier von zehn Schulen eine gute IT-Ausstattung. Auf dieser Basis lässt sich aufbauen.
Zwei Erweiterungen des DigitalPakts Schule um jeweils 500 Millionen Euro sind bereits verfügbar. Die dritte Bund-Länder-Vereinbarung mit weiteren 500 Millionen Euro – für die Ausstattung der Lehrer mit Hardware – verzögert sich aktuell noch, da weiterer Beratungsbedarf zwischen Bund und Ländern über die Finanzierungregeln besteht. Neben der Klärung dieser Fragen gilt es, die Antragsmodalitäten zu vereinfachen und die Lehrkräfte ausreichend zu schulen, damit diese ein digitales Medienbildungskonzept für die Antragstellung bereitstellen können. Doch wenn diese Herausforderungen bewältigt sind, steht dem weiteren Aus- und Aufbau nichts mehr im Weg.
Weitere Informationen
Sie möchten noch mehr über die Studie und ihre Ergebnisse erfahren? Weiterführende Informationen finden Sie auf dieser Webseite. Eine Übersicht unserer Angebote für Bildungseinrichtungen finden Sie hier. (Link leider nicht mehr verfügbar)
Lisa Ganschinietz arbeitet als Marketing Manager bei Fujitsu. Dabei ist ihr Fachgebiet die digitale Transformation von Unternehmen mit einem besonderen Schwerpunkt auf Change Management und Fehlerkultur. Neben ihrem spannenden Berufsumfeld liebt Lisa das Reisen. Vor allem mit ihrem Bulli durch Europa zu reisen stellt für sie einen tollen Ausgleich zum hektischen Büroalltag da.