Felicitas Birkner (1.v.l.) mit Kolleginnen und Kollegen beim FIT-Kongress in Frankfurt am Main.
Eine Bitkom-Studie von Anfang 2019 zeigte es erneut: Noch immer ist der Anteil an Frauen in der IT-Branche auf einem sehr niedrigen Niveau. Nur 17 % der Beschäftigten sind weiblich. Dabei ist es keine neue Erkenntnis, dass gemischte Teams erfolgreicher sind und effektiver Probleme lösen. Viele Unternehmen im IT-Sektor suchen daher mittlerweile gezielt nach weiblicher Verstärkung. Doch damit es genügend weibliche Fach- und auch Führungskräfte gibt, muss die Awareness dafür von Anfang an gefördert werden. Oft genug genügt es, das Interesse an MINT und IT zu thematisieren bzw. zu wecken.
Dieser Aufgabe widmet sich auch Felicitas Birkner. Als Direktorin verantwortet sie die Fujitsu Academy, Central Europe (D-A-CH) und leitet im Bitkom-Verband als Vorsitzende den Fachausschuss „Frauen in der ITK“. Seit vielen Jahren unterstützt sie Menschen auf ihren Karrierewegen und setzt sich für digitale Bildung und Geschlechtergleichstellung ein. Ein wichtiger Meilenstein ist dabei auch die Entwicklung und Umsetzung eines ganzheitlichen Fujitsu Academy-Konzepts, in dem es neben Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen insbesondere um Nachwuchssicherung und den Ausbau enger Kooperationen mit akademischen Einrichtungen geht, um digitale Transformation im Bildungssektor mit geeigneten Maßnahmen in Lehre, Forschung und Nachwuchsinitiativen effektiv zu fördern.
Für ihr vielseitiges Engagement wurde Felicitas Birkner im Oktober bereits als „Woman of the Year 2019“ in Europa ausgezeichnet. Ende November war sie dann für gleich zwei „Female in IT“-WIN-Awards nominiert, mit dem Frauen für besondere Leistungen in der IT-Branche ausgezeichnet werden. Bei der Verleihung auf dem FIT-Kongress 2019 in Frankfurt am Main konnte sie schließlich die Auszeichnung in der Kategorie „Digitale Transformation“ entgegen nehmen. Wir haben mit Felicitas über den Award, ihre Arbeit und ihre weiteren Pläne gesprochen.
Herzlichen Glückwunsch zum Award, Felicitas! Wie fühlt sich das an?
Über diese Auszeichnung freue ich mich sehr! Ich empfinde sie als eine wertschätzende Anerkennung für die Aktivitäten, die ich in den letzten Jahren initiiert habe beziehungsweise für die ich mich voller Überzeugung einbringe. An dieser Stelle bedanke mich ganz herzlich bei allen, die mir ihre Stimme geschenkt haben und ebenso bei allen, die in den einzelnen Projekten mitwirkten. Ohne das Engagement meiner Kolleg*innen und weiterer Unterstützer*innen wäre vieles nicht möglich gewesen.
Den „Female in IT“-Kongress fand ich sehr inspirierend. Er hat Möglichkeiten eröffnet, sich in angenehmer Atmosphäre mit vielen anderen auszutauschen. Das habe ich als wertvoll empfunden und es hat mir wieder einmal gezeigt, welche enorm positive Kraft entsteht, wenn Menschen zusammenwirken. Es gilt also: „Besser gemeinsam statt einsam, wenn es darum geht, Zukunft zu gestalten!“
Welche Rolle spielen solche Awards für Dich?
Aus meiner Sicht sind solche Awards Symbol und Motivation zugleich. Frauen können erfolgstreibende Schlüsselpositionen besetzen – und sollten Chancen nutzen, dies auch verstärkt zu tun, über alle Branchen- und Ländergrenzen hinweg. Awards sind ein Symbol dafür, wie man durch einen wertschätzenden Umgang und die Anerkennung von positiven Leistungen sowohl inspirieren und motivieren als auch Vorbilder zeigen und Stärke ausstrahlen kann.
Grundsätzlich bewegt mich bei allem, was ich mache, dass es sinnstiftend und bedeutungsvoll sein muss. Ich möchte Dinge mitgestalten, Erfahrungen teilen und dabei andere Menschen unterstützen und motivieren, ihre eigenen Wege zu finden und zu gehen. Ich denke, dass solche Award-Programme Impulse und Anregungen geben können und vielleicht auch andere motivieren, sich ebenfalls einzusetzen, um Positives für eine gute Zukunft zu bewirken. Denn darauf kommt es an!
Du machst Dich stark für Frauen in der IT – kannst Du uns darüber etwas mehr erzählen?
Sehr gerne! Als Vorsitzende des Fachausschusses „Frauen in der ITK“ des Bitkom-Verbandes engagiere ich mich unter anderem stark in dem Umfeld. Die wesentlichen Anliegen des Ausschusses sind die Unterstützung von Karrierewegen für weibliche Fachkräfte und Führungspersönlichkeiten sowie die Nachwuchssicherung und -gewinnung in der Digitalbranche. Das passt auch hervorragend zu den Visionen und Zielen von Fujitsu und meinem täglichen Verantwortungsbereich im Unternehmen. Wir sind mehr als nur ein Anbieter von Produkten, Services und Lösungen, sondern mit großen Schritten unterwegs, um eine Digital Transformation Company zu werden. Dabei sind Diversity & Inclusion ebenso wie Bildung und Beruf wichtige Schlüsselkriterien, wenn es darum geht, die IT-Welt von Morgen erfolgreich und aktiv mitzugestalten.
Mit der Fujitsu Academy in Central Europe sind wir in sehr verschiedenen Projekten unterwegs und in viele Initiativen unserer Kooperationspartner integriert. Wenn wir digitalen Wandel erfolgreich meistern wollen, müssen wir eng mit Partnern und Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten. Unser Ziel ist es, akademische Kooperationen auszubauen. Dabei fördern wir zum Beispiel wissenschaftliche Arbeiten, Forschungsprojekte und Stipendien. Wir begleiten ebenfalls Studienprojektarbeiten, ermöglichen Studenten-Ausbildungs-Programme (zum Beispiel duales Studium, Trainee-Programme) und führen vielseitige Veranstaltungen durch, wie zum Beispiel die Hacker-School-Events an verschiedenen Fujitsu Standorten in Deutschland oder beteiligen uns an der IT@School-Partnerevent-Serie. Ganz klar nehmen Themen, wie Bildung Diversity & Inclusion im digitalen Wandel einen großen Stellenwert ein. Deshalb binden wir diese auch in Veranstaltungen wie dem Fujitsu Forum ein, beteiligen uns an anderen Veranstaltungsformaten wie Paneldiskussionen oder unterstützten Speedmentoring-Programme. Hier können zum Beispiel MINT-Student*innen, -Absolvent*innen, -Quereinsteiger*innen oder Young Professionals die Möglichkeit nutzen, mit Expert*innen, wie zum Beispiel von Bitkom-Mitgliedsunternehmen in Kontakt zu treten und sich zu vernetzen.
Warum ist Dir das Thema so wichtig?
Auf gesellschaftlicher Ebene geht es einfach um die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das Wahlrecht für Frauen existiert in Deutschland seit etwas mehr als 100 Jahren. Das war schon ein wichtiger Schritt – aber sicherlich nur der erste von vielen notwendigen. Auch heute noch gibt es in Beruf und Alltag viele gesellschaftliche Hürden und tief verwurzelte Vorurteile. Diese Missstände müssen wir endlich überwinden und Vielfalt, Einbindung und Gleichstellung ganz selbstverständlich leben.
Die Stärkung des Frauenanteils in der Informations – und Telekommunikationstechnik (ITK) hat nicht nur gesellschaftliche Aspekte. Unternehmen lassen hier bisher viel Potential ungenutzt. Wir befinden uns in einem digitalen und demografischen Wandel und haben einen akuten Fachkräftemangel. Wer hier erfolgreich sein will, muss Menschen durch geeignete Bildungsmaßnahmen befähigen und alle Potentiale nutzen. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Studien, die belegen, dass die Geschlechtervielfalt Unternehmen konkrete und greifbare Vorteile bringt. Diese Vorteile müssen sichtbar gemacht und verstanden werden. Ebenso wie die Tatsache, dass die Einbindung von Frauen in der IT und deren chancengleiche Förderung in Führungspositionen erheblich positive Auswirkungen auf Geschäftserfolge bewirkt. Mit der Vision der „Human Centric Innovations for a Human Centric Society“ hat Fujitsu dafür einen zielführenden Weg eingeschlagen.
Beim FIT-Kongress hast Du einen interaktiven ThinkThank zum Thema „Arbeit 4.0 braucht Bildung und Lernkultur 4.0“ geleitet. Worum ging es da genau?
Das zentrales Thema galt den immensen Herausforderungen für uns und unsere Gesellschaft durch zunehmend digitale Welten und den demografischen Wandel. Agile und innovative Unternehmenskulturen bieten berufliche Erfolgsfaktoren. Lernfähigkeit und Potentialentwicklung liefern dabei die entscheidenden Schlüssel zum Erfolg. Arbeit 4.0, als ein zentrales Entwicklungsfeld der Digitalisierung, benötigt angepasste Bildung und Lernkultur, um hier passende Weichen für die Zukunft zu stellen.
Wie lassen sich im digitalen Wandel Bildungswege erfolgreich für die Zukunft gestalten? Welchen Herausforderungen begegnen wir? Wie können wir die bestehenden Potentiale zukunftssicher mit- und weiterentwickeln? Wie können wir über Generationen hinweg die Weichen für den Einstieg in den Beruf und Laufbahnen stellen, während der Wettlauf um Fachkräfte immer stärker zunimmt?
Der ThinkTank auf der FIT-Konferenz war ein sehr interaktives Workshop-Format. In einer kleinen Gruppe mit 12 Teilnehmerinnen wurden gemeinsam Lösungswege für die Zukunft diskutiert, aber auch ganz individuelle Impulse für die persönlichen Entwicklungswege diskutiert.
Hast Du Rückmeldungen von den Teilnehmerinnen bekommen? Was hat ihnen besonders gefallen?
Das Feedback im Nachgang war durchweg positiv, aufgrund der Interaktion und Impulswirkung. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Mir zeigen solche interaktiven Workshops immer wieder, wie wichtig diese Art von Austausch ist, um Impulse oder mögliche Lösungsansätze zu finden. Zum Beispiel waren wir im April 2019 beim GEWINN-Fachtag der Technischen Universität München eingeladen. Damals ging es um das Thema „Gender in algorithmischen Systemen“, welches in Zeiten zunehmender Digitalisierung an Bedeutung gewinnt. Positive Rückmeldungen bestärken derartige Formate.
Besonders gut fanden die Teilnehmerinnen wohl den Austausch über die gegebenen Situationen und Erfahrungen aus den jeweils unterschiedlichsten Perspektiven. Das war laut Feedback eine sehr gute Basis, um die eigenen Zielstellungen zu betrachten und zu bewerten. Ich denke, am Ende konnten alle Teilnehmerinnen Anregungen und kräftigende Impulse für sich mitnehmen.
Wie sehen die konkreten Pläne für die nähere Zukunft aus – gibt es vielleicht schon weitere Events, die auf uns warten?
Wir haben nach den FIT-Awards quasi nahtlos weitergemacht. Am 2. Dezember gab es für interessierte Studentinnen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin ein Hochschulnetzwerktreffen mit Role Models aus verschiedenen Unternehmen. Die Teilnehmerinnen konnten praktische Einblicke in Industrie und Wirtschaft gewinnen und erfahren, welche hervorragenden Möglichkeiten es für Frauen in der IT, aber auch in anderen Branchen gibt. Am 5. Dezember nahmen wir mit der Fujitsu Academy in der Hochschule München an einem Panelgespräch zur gendergerechten Entlohnung (Link leider nicht mehr verfügbar) teil und waren vor Ort mit einem „Markstand“ vertreten. Neben Einblicken in die Praxis und die Ermutigung junger Menschen, den eigenen Karriereweg zu entwickeln, haben wir dort als potentieller Arbeitgeber auf uns aufmerksam gemacht.
Nach Weihnachten geht es dann weiter. Im Januar veranstalten wir – sozusagen als Warm-up für unsere Aktivitäten in 2020 – einen weiteren HackerSchool-Event zusammen mit dem HackerSchool e.V. in Düsseldorf. Außerdem werden wir im Januar in Nürnberg auf der nächsten IT@School dabei sein, um die Schüler*innen von der 3.bis zur 10. Klasse zu begeistern und mit der Welt der ITK vertraut zu machen. Für viele der jungen Leute ist die IT-Medien-Welt von heute übrigens schon eine Welt, in der sie fitter unterwegs sind als ihre Eltern. Und für März 2020 bereiten wir die nächste Winterschule mit dem Motto „DataCenter & Mainframe Challenge“ vor. Die Anmeldungen haben gerade begonnen.
Wenn ich auf das Jahr 2019 und meine Aktivitäten mit der Fujitsu Academy oder dem Bitkom-Verband zurückblicke, bin ich mir sicher, dass es im anstehenden Jahr 2020 mindestens genauso intensiv und spannend weitergehen wird. All das funktioniert nach wie vor nur mit der großartigen Unterstützung meiner engagierten Kolleg*innen – hierfür möchte ich mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bedanken!